Corsa B mit zwei 2-Liter 16V Motoren Wir trafen Lukáš beim vielleicht größten Autotreffen im ehemaligen Ostblock „Mimoňské války“ genannt, frei übersetzt „Mimon Wettbewerbe“. Der Event findet zweimal im Jahr auf einem ehemaligen Militärflugplatz in Nordtschechien statt. Lukáš kommt mit seinem Mogul Kocour Racing Team nur wegen dem Sprintwettbewerb (bis 2006: 400 mtr, seither ¼ Meile) in der Spezialklasse hierher, um seinen zweimotorigen Corsa gegen Corvette, GMC Typhoon oder den bärenstarken Škodas zu messen.

In Sachen Motorisierung kennen die Škoda-Piloten keine Grenzen. Getunte 2,8 VR6 VW-Motoren und großvolumige Tatra-Aggregate zählen zu den Widersachern des Doppelherz, die es in Schach zu halten gilt. „Eigentlich sind Bergrennen mein Revier“, erzählt der Kfz-Mechaniker aus Domažlice in Westböhmen, doch der Sprint gegen die pfeilschnellen Gegner macht ihm riesengroßen Spaß. Dank seines grenznahen Wohnorts gegenüber von Furth im Wald fand er Kontakt zu „Pongratz Projects“ (OT 8/2005) und dem leider verstorbenen René Hoffmann (Hoffmann Racing Team).

Der Corsa B faszinierte Lukáš. Um einen Wettbewerbswagen für Bergrennen aufzubauen, benötigte er zunächst nur eine Karosserie, die er in Form einer 100 Euro Schlampe an Land zog. Inspiriert von den frühen Bergerfolgen von Škoda, Käfer und NSU baute er den Corsa auf Heckmotor mit Heckantrieb um. Die hintere Fahrwerkskonstruktion entspricht in einigen Komponenten der Frontaufhängung eines Opel Calibra, auf deren Schemel ein modifizierter 2 Liter 16V sitzt. Die Funktionen von Federung und Dämpfung am Heck übernimmt eine selbst gebaute Konstruktion (ohne Federn), die mit Luft- und Öldruck arbeitet. Vor jedem Rennen stimmt Lukáš das Luftreservoir auf die Strecke ab, wobei er bei den Einstellungen für Berg oder Sprint auf seinen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann. Die ersten Bergrennen verliefen unbefriedigend. Im Grenzbereich ließ sich die Heck-Heck-Kombination kaum kontrollieren. Zurückrüsten auf Frontmotor hätte wenig Sinn gehabt? Die aus der Not geborene Idee nennt sich Bimoto mit je einem eigenen Antrieb.

Um synchrone Kräfte an Front- und Heck wirken zu lassen, erwarb Lukáš einen weiteren 2 Liter 16V Motor mit F20 Getriebe. Die Problematik dabei lag im Zusammenschluss beider Getriebe, die ja ebenfalls synchron über einen Ganghebel geschaltet werden wollen. Das exakt vermessene und selbst gebastelte Gestänge ermöglicht reibungslosen Gangwechsel. Ein gewisser Herr Bartášek baute beide Differenziale mit einer 70%en Sperre um. Wegen dem besseren  Ansprechverhalten beider 2 Liter 16V Motoren tauschte Lukáš die Einspritzanlagen gegen je zwei 45er Solex Vergaser. Abgesehen von frischen Lagern und Dichtungen blieben Ventile und Kolben unangetastet. Für überdurchschnittliche Power sorgen doppelte Luftzu- und Abfuhr. Sowohl beide Ansaugtrakte, als auch die Auspuffanlagen baute Lukáš in seiner eigenen Werkstatt. Das Endrohr des Frontmotors findet seinen Weg vor der linken Heckverbreiterung ins Freie. Die hintere Auspuffanlage mit Anleihen aus dem Motorradshop verläuft quer unter dem Heck. Zweimal 170 PS wuchtet der Corsa auf den Asphalt, wobei die Motoren aus einem kleinen Trabi-Tank Nahrung erhalten. Für die Rennen reicht der Tank. Doch bei den Bremsen musste es natürlich mehr als das Übliche sein. An der Vorderachse verzögert eine Brembo-Vierkolbenanlage mit 310 mm großen Scheiben. Die hintere Scheibenbremsanlage entspricht der  des Vectra B V6. Die 340 PS starke Systemleistung des Bimoto reicht an guten Tagen, um die Vierteilmeile unter 12 Sekunden zu bezwingen. Bei den knallharten Bergrennen in der Slowakei sind Plätze unter den ersten 10 in der Gesamtwertung keine Seltenheit.

Karosserie und Innenraum wurden unter dem Gesichtspunkt einer rennfähigen Gewichtsersparnis abgespeckt.  Makrolon anstatt Glas Karbonblenden ersetzen Scheinwerfer. Sowohl Front, – als auch Heckstoßstange bestehen aus Gfk.. Der aus Alu gefertigte Dachflügel stabilisiert das Heck bei hohen Kurvengeschwindligkeiten. Eine höllische Lautstärke herrscht im ungedämmten und nur mit dem notwendigsten bestückten Innenraum. Nacktes Blech reflektiert die Motorgeräusche. Im Leerlauf bestimmt das Saugen der Solex die Kulisse. Wichtigste Anzeigen sind bei beiden bei 8000 u/min markierten Drehzahlmesser zum Wohle des Doppelherz.

Fotografiert in Mimon/CZ am 6. Mai 2006

Opel Corsa B Baujahr 1996

KAROSSERIE: Gewichtsoptimiert, Makrolon Scheiben Scheinwerfer Karbon-Attrappe, Heckflügel Eigenbau, höher angesetzte Verbreiterungen in Blech, Eigenbau Front- und Heckstoßstangen

MOTOR: Bimotor, je ein 2 Liter 16V C20XE pro Achse, Ansaugbrücken Eigenbau, je zwei 45er Solex Doppelvergaser, 2 gekoppelte F20 Getriebe mit 70%ige Sperre,

FAHRWERK: Va: HP Sporting Komplettfahrwerk Eigenbau-Domstrebe, ha: Eigenbau Hinterachsekonstruktion mit Calibra-Komponenten, Eigenbau Fahrwerk  mit Luft- und Öldruck, OZ in 8,5×17 Zoll ET30 mit 225/60 Pirelli Rennslicks

INTERIEUR: Einsitzer, OMP Sitze, Schroth Gurte, Eigenbau Rennzelle

Text: Carsten Tune, Fotos: Tuningcars.de für Opel Tuning 9/2007, reloaded für Tuningcars am 9. Juni 2021
Nachtrag: Der im Text angesprochene René Hoffmann war mit seinen 1978er C Coupé Gewinner des „Style your car“-Wettbewerbs der Opel Club & Trend 2005.