Die Steuererhöhung für Fahrzeuge ohne Kat beendete die Hochzeit von Volkswagen und Ford in Wolfgang „Fleischi“ Fleischmanns Käfer. Dass die 2,8-Liter-Maschine eines Capri einem 2,1 Liter Wasserboxer weichen musste, ist nur ein kurzer Abschnitt in der Historie eines Volkswagens, der als „gelb-schwarzer Renner“ 1303 LS vom Band rollte

Der direkte Vorbesitzer hatte den 1303 LS mit Hazard Streaker Bausatz inklusive feuerverzinkter Bodenplatte bestückt und zudem den V6 des Capris 2,8i in den Motorraum gequetscht. Satte 150 PS aus 2,8 Litern verteilten sich auf weniger als eine Tonne Leergewicht. Drehmoment bis zum Abwinken! Der hochbeinige „Geländekäfer“ fetzte ab wie eine Rakete. Nur an dem optischen Auftritt hatte „Fleischi“ einige Dinge auszusetzen und grenzte den Nachholbedarf zunächst auf Tieferlegen, breitere Räder und schwarze Scheiben ein. Spätestens als der Streaker auf der Bühne den genauen Blick freigab, entdeckten erstaunte Pupillen einen weiteren Nachholbedarf. Oldtimerrestaurator Wolfgang Ernt hatte „Fleischi“ alles beigebracht, was zur Totalrestauration eines Käfers notwendig ist. Nun war es soweit, in gemeinschaftlicher Teamarbeit den Neuaufbau in Angriff zu nehmen. Beide „Wolfgänge“ hoben die Karosse ab und brachten alle Bleche zum Sandstrahlen. Schreck lass nach! Die Anzahl der vom Sand erzeugten Durchschusslöcher übertrumpfte die heil gebliebenen Flächen und an „Löcher stopfen“ war überhaupt nicht zu denken. Satte 7500 D-Mark wanderten über die Theke eines VW-Händlers, der mit einem freundlichen Lächeln, außer dem Tankrahmen, alle Blechpartien für einen 1973er 1303er auslieferte. Vollkommen intakt zeigte sich die feuerverzinkte Bodengruppe, der eigentliche Grund des Kaufs, wie „Fleischi“ gerne zugibt.

„Fleischi“ ist ein Rückfalltäter. Die kurze Liaison mit einem Golf beendete ein Käfer aus Polizei-Beständen. Der Wunsch nach einem „Überkäfer“ wuchs beim Beschleunigungsrennen in Oberschleißheim und nun kniete er mit dem Schweißgerät vor seiner Baustelle. Mangels einwandfreiem Umbausatz reifte der Entschluss, anstatt einem „Streaker“ einen „Fleischmann-Käfer“ auf vier breite Räder zu stellen. Zweifelsohne ist der optische Höhepunkt die um 10 cm tiefer gelegte Dachpartie, die den Breitbau gedrungen und aggressiv wirken lässt. Das Kürzen der Holme beanspruchte die Anpassung der gewölbten Frontscheibe an das Dach, sowie  das Angleichen der Türbogen und den Zuschnitt der Scheiben. Das Kürzen der Verbundglas-Frontscheibe und der Sekurit-Seitenscheiben bleibt das Geheimnis einer Firma aus Reutlingen, die sich nicht hat in die Karten schauen lassen. „Zu plump hätte eine große Heckscheibe gewirkt“, erklärt Fleischi, der sich beim „Ovali“ bediente. Die ovale Scheibe ist tatsächlich ein neu gekauftes, originales Ersatzteil für den Typ 11, wie er von März 1953 bis zu den Betriebsferien im Sommer 1956 produziert wurde.

Das war’s auch schon mit Original, denn die individuelle Welle spülte fremdes Gut an den Strand. Die “liegenden“ Frontscheinwerfer der 911 G-Serie produzierte Porsche zwischen der Ur-Serie und dem Typ 964. Den unteren Abschluss der Frontpartie könnte man scherzhalber als Golf-Spieler bezeichnen, der bei Loch 1abgelöst und an den Seiten abgerundet wurde. Unter der Fronthaube befindet sich der Wasserkühler, weshalb Entlüftungsschächte sich um frische Luft kümmern. Den Heckflügel gibt es in keinem Laden der Welt zu kaufen, deshalb nennen wir ihn „Fleischmann-Flügel“.

er zunächst aus Lochblechen mit einem Überzug aus Glasfasermatten und den seitlichen Stegen für die Aufnahme der Flügel hergestellt wurde. Die beiden Mittelstücke sind exakt in Breite und Anbindung vorgegebene Auftragsfertigungen aus Kevlar. „Gehe ich richtig in der Annahme, dass diese Rückleuchten von einem Ford stammen?“. Hätte Robert Lembke damals ein heiteres Ratespiel nach dem Motto „von welchem Fahrzeug stammt dieses Teil“ veranstaltet, wäre das „Schweinderl“ voll fett geworden Erraten? Die Leuchten stammen vom Taunus 12M P4 (62-66). Zurück in die Moderne. Die um 10 cm verbreiterten Gfk-Kotflügel nehmen einteilige Schmidt „Revolution“ in 7 und 10×15 Zoll auf.

Als die erste Rechnung nach der Kfz-Steuerreform auf Fleischis Tisch flatterte, traf seinen 2,8 Liter V6 ohne Kat sprichwörtlich das Aus! Ein Wasserboxer aus dem VW Bus T3 nahm dessen Platz ein, . Heute ballert der Wasserboxer  in der zivilen Version, dessen Nebenaggregate wie die 215er Kupplung und das Getriebe von Kummetat mit langen 4 Gang auf die Ansprüche  des Fahrzeugs ausgelegt sind. Immerhin Euro 2! Die an den Kat des T3 angeschlossene Edelstahlanlage aus V4a ist „Fleischis“ Eigenkonstruktion mit einem Endtopf von Leistritz Abgastechnik inklusive beidseitig verlegten Endrohren.

Das Unsinnigste in einem derartigen Fahrzeug ist die HiFi-Anlage. Tatsächlich verstecken sich Steuergerät und Kassettenfächer hinter dem Schalthebel mit einem individuell angefertigten Knauf. Dessen Form entstand zunächst aus Knetmasse, aus der später eine exakte Nachbildung der rechten Griffhand entstand. Maßgeschneidert sind auch die orthopädischen Sitze aus König-Produktion, die wie die Seitenteile von Hausner mit Echt-Leder bezogen wurden. Hinter dem 32er Raid Volant tut sich geklontes Porsche-Reich auf. Das Gfk-Cockpit im Porsche-Look, bestückt mit Porsche Instrumentarium gibt es im Handel. Nicht jedoch die Ziffernblätter. Dunkelblaue Plexiglasscheiben im Siebdruckverfahren mit Ziffern bestückt, geben zu Nacht einen Einblick hinter die Kulissen.

Drei Jahre reine Umbauzeit und über 10 Jahre Praxis liegen hinter dem „Fox Four“, wobei sich „Fleischi“ ausdrücklich bei Wolfgang Ernt bedanken möchte. Die Geschichte des Fahrzeugs wird heute nur an wenigen Tagen im Jahr weiter geschrieben. Wir trafen den „Fox-Four“ beim US-Car Treffen der Frankenvanner unter der Burg Waischenfeld am 12. September 2009, ein willkommener Anlaufpunkt auch für verrückte Käfer.

VW Käfer 1303 LS, ehemalig „gelb-schwarzer Renner“, Baujahr: 1973

Motor:  2,1 Liter „Wasserboxer“ aus T3, Einspritzanlage, Leistung: 112 PS

Getriebe: Kummetat mit langem 4. Gang

Auspuff: G-Kat,V4A Edelstahlanlage mit V4A-Endtopf (Leistritz Abgastechnik)

Fahrwerk: Koni Komplettfahrwerk (gelb), -80mm tiefer

Bremsanlage: Innenbelüftete Scheiben von Kerscher (vorne und hinten)

Felgen: 1-tlgSchmidt Revolution, 7×15 ET 9,5, 10×15 ET -10

Bereifung: Bridgestone 205/40VR15, Pirelli 285/40VR15

Karosserie: Käfer 1303, Scheinwerfer Porsche 911 (G-Serie), modifizierter Golf I Frontspoiler, Fronthaube mit Entlüftungsschächten, 10 cmTop Chop, Türrahmen angeglichen, gekürzte Front (Verbundglas), und Seitenscheiben (Sekurit), originale VW-Ovali Heckscheibe, Heckflügel aus Gfk mit Brettern aus Kevlar, Kotflügel um 10 cm verbreitert, Rücklichter Ford 12M, KevlarTrittbretter und Rückspiegel, Lackierung: Porsche „indisch-rot“

Interieur: König Sitze, Echtleder von Sattlerei Hausner, rote Schroth-Gurte, 32er Raid Lenkrad, Cockpit 911er Nachbau aus Gfk, Porsche Instrumente, Zifferblätter mit Siebdruckverfahren, handgeformter Schaltknauf

HiFi:  Kenwood Steuergerät, no-name Soundsystem

Text & Fotos: Achim Jaeger für VW Scene 5/2010, reloaded für Tuningcars am 4. April 2021