Der Besuch Tschechischer Volkswagen Freunde bei deutschen Treffen hat Tradition. Nicht selten tauchen die östlichen Nachbarn mit Fahrzeugen auf, die auch in Deutschland längst den Status eines Exoten erreicht haben. Der mit Luftfahrwerk umgerüstete Ostermann Speedster von Petr Vesecky sorgte beim “Classic Love” Treffen im oberfränkischen Zell für Aufsehen.

michael kolb für VW Scene 4/2018

Petr verabreichte seinem Käfer den Spitznamen ‚Mandelinka’, was sich bei der Übersetzung ins Deutsche von selbst erklärt. ‚Mandelinka’ bedeutet ‚Käfer’, meist in Verbindung mit ´bramboravá’, dem Kartoffelkäfer verwendet. Für vierrädrige Krabbeltiere interessiert sich Heizungsbauer Petr seit seiner Kindheit. Ein besonderer Käfer weckte sein Interesse. Einer, den sonst keiner fährt, zumindest nicht in Tschechien. Dank moderner Medien fand er mit dem seltenen Ostermann Speedster den Wunschexoten, der im Raum Bremen angeboten wurde. Mit Anhänger am Haken legte er ungefähr 600 km einfach zurück, um den für längere Zeit abgemeldeten Ostermann nach Prag zu überführen.

Viel verwertbares Material über Ostermann findet man kaum im Internet. Auf telefonische Nachfrage erfuhren wir, dass ungefähr 1200 Volkswagen-Bausätze inklusive Karmann und Golf II gefertigt wurden. Die Speedster wurden erstmals im Jahr 1984 bei der damals in Ibbenbüren ansässigen Firma angeboten. Die mit Bauanleitung und notwendigen Mustergutachten ausgelieferten Bausätze waren offiziell bis 1991 erhältlich, bevor die Firma nach Osnabrück umzog. Heute findet man auf der Internetseite von Ostermann-Cabrios nur noch Information über den Umbau des Trabant 501 zum Cabrio. Von Volkswagen keine Spur.

Auf Grund des Unterschieds zwischen Baujahr 1973 und dem Zeitraum, in dem Ostermann Fahrzeuge und Bausätze verkaufte, kann Petr von ausgehen, dass der Käfer zum Zeitpunkt des Umbaus mindestens 11 Jahre auf dem Buckel hatte. Da bei Ostermann nur sehr wenige Fahrzeuge umgerüstet wurden, kaufte der Besitzer einen Bausatz und baute den Käfer vermutlich eigenhändig um oder ließ ihn in einer Werkstatt umrüsten. Irgendwann mag er die Lust am Speedster verloren haben. Auf Grund langer Standzeit war der Zustand ziemlich grenzwertig. Verschlissenes Verdeck, Lackschäden, eine dritte Bremsleuchte anstelle der Nase und ein total verbasteltes Cockpit zählten zu den Dingen, die es für Petr zu ändern galt. Zudem stand der Speedster mit dem originalen Fahrwerk und 15 Zoll Leichtmetallfelgen so hoch wie ein Off-Roader auf der Straße.

Zunächst zerlegte Petr den Ostermann in seine Bestandsteile, um Rostschäden zu eliminieren, Blechteile abzuschleifen und die Karosserie Form zu bringen. Bei den Schleifarbeiten entdeckte er einen notdürftig reparierten Heckschaden in der Nähe des Auspuffs. Die unglücklich aussehende Nase auf der Heckklappe verlor ihre Daseinsberechtigung und wurde von Nichts ersetzt. Nichts ist auch dort, wo sich einst Stoßstangen befanden, die bereits vom Vorbesitzer demontiert worden waren. Um totale Leere zu vermeiden, montierte Petr senkrechte Streben an den jeweiligen Haltepunkten. Bodyshop in Uvaly bei Prag fertigte die gewölbten Seitenschweller, die sich optimal in das Gesamtbild einfügen. Sattler Jan Strhan kümmerte sich um das weiße Verdeck, dessen Risse und Löcher von ihm sorgfältig repariert wurden. Im Angebot der indischen Firma Autolite fand Petr Autopal Scheinwerfer für Golf 1. Die Chromringe mit integrierten Blinkern und Hutze kaufte er im Internet. Die Effektlackierung ist eine Eigenmischung, die ja nach Sonneneinfall spiegelt und ihre Intensität wechselt.

Die verbreiterten Radkästen füllen aufgeschweißte 15 Zoll Stahlfelgen, deren Einpresstiefe grundsätzlich negatives Maß besitzt. An der Hinterachse sind es 65mm, die den Felgen-Mittelpunkt nach außen versetzen und den satten Stand des Ostermann bewirken. Die bemerkenswerte Tiefe resultiert aus dem Luftfahrwerk Marke Eigenbau, das Drucklufttank des Tuareg, Monroe-Stoßdämpfern mit integrierte Luftbälgen und der Elektrik aus dem US-Shop von Amazon aufgebaut wurde.

Der Innenraum sah wenig einladend aus. Das Armaturenbrett aus Holz mit schief stehendem Handschuhfach war lieblos reingezimmert. Petr brachte Ordnung auf das Brett, setzte sportliche Rundinstrumente und ein Holzlenkrad von DBA ein. Karosserie top, Mechanik top, Innenraum top und der Motor? Petr und ein befreundeter CNC-Fräser steigerten den Hubraum des ehemaligen 1,6 Liter auf 1,8 Liter. Der komplette Motor wurde in seine Einzelteile zerlegt und wo notwendig, mit selbst gefertigten oder Neuteilen bestückt. Man hört was fährt. Der Krawall der CSP Python-Anlage war beim „Classic Love“ Treffen nicht zu überhören, wo Petrs Mandelinka von vielen Besuchern und Teilnehmern ein fettes ‚gefällt mir’ bekam.

VW Käfer Speedster Ostermann, Baujahr: 1973

Motor: 4-Zylinder Boxer, luftgekühlt, Typ 1 Motor auf 1,8 Liter erweitert, 2 x 40er Weber-Doppelvergaser, Zylinderkopf geplant, scharfe Nockenwelle, größere Ventile, Kanäle poliert, externer Ölkühler mit verstärkter Ölpumpe, elektrische Benzinpumpe

Auspuff: CSP Python 48mm

Leistung: 95 PS maximal

Getriebe: 4-Gang Schaltgetriebe

Fahrwerk: Eigenbau- Luftfahrwerk, Monroe-Stoßdämpfer mit integrierten Bälgen. Viair Compressor, Drucklufttank VW Tuareg, Magnetventile von Festo

Bremsanlage: Scheiben/Trommeln

Felgen: aufgeschweißte Stahlfelgen, 9×15 ET -15, 11×15 ET -65

Reifen: Hankook, 195/40×15, 215/50×15

Karosserie: Ostermann Umbau, Autopal Scheinwerfer für Golf 1, Scheinwerferring mit integrierten Blinker und Häubchen, geweitete 1967er Kotflügel, LED-Heckleuchten, gewölbte Seitenschweller (by bodyshop in Uvaly), Verdeckreparatur by Jan Strhan

Interieur: DBA Holzlenkrad, Holzcockpit Eigenbau, Ledersitze Subaru Impreza, 4-Punkt Gurte, Zusatzanzeigen (Öldruck, Öltemperatur, Voltmeter)

HiFi: Pioneer MVH-190 UB, 4 Lautsprecher (165cm) 2×600 Watt Subwoofer, 2 Mutant Endstufen

Sonstiges: Lack Eigenmischung

fotografiert bei Classic Love Zell/Haidfeld 2017. Ostermann Info: https://de.wikipedia.org/wiki/Ostermann_(Automarke)
dieser Ostermann besuchte das Oldtimer Treffen in Bad Steben. Leider habe ich den Kontakt zum Besitzer verloren
sollte der Besitzer dies lesen – bitte email an redaktion@tuningcars.org wegen Terminabsprache