„Wie kann man nur…“, fragen sich jetzt die meisten Opel-Fans. Wie kann man nur einen Kadett E CaraVan dermaßen verbasteln, denn schließlich bewegt sich die letzte Kadett-Generation langsam aber sicher auf das H-Kennzeichen zu. Leute erinnert euch! Vor ungefähr 10 Jahren waren brachiale Eigenumbauten das absolute Nonplusultra in der Szene. Stefan Schweizer steht zu seinen „Untaten“ aus einer Zeit, in der „Pimp my Ride“ zu den angesagtesten TV-Sendungen zählte.

Rückrüsten kommt gar nicht in Frage, verteidigt der Lagerist in einer Firma für Kfz-Ersatzteile und Zubehör seinen Eigenbau. Der CarAvan war, besser gesagt, er ist vielen Opelfans nicht nur von zahlreichen Treffen her bekannt. Er gilt als typisches „Zeitungsauto“, das in verschiedenen Ausbaustufen unter Überschriften wie „Mischmaschine“, „Schweizer Präzision“ oder „Schwäbische Küche“ damals ungezählte Leser begeisterte. Doch vor allem entstand er von ganz wenigen Fremdarbeiten abgesehen aus eigener Hand. Mit OEM-Teilen ausgestattete Autos haben für Stefan den gleichen langweiligen Status wie Fahrzeuge im Serienzustand. Deshalb gibt es für ihn nur den Weg des Eigenbaus nach dem Motto: Es zählt nur das, was sonst keiner hat. Zitat des Hardcoreschraubers: „Ich bau ich ein Auto nach meinen Wünschen und Vorstellungen, nicht nach Trends oder gar so wie es andere gerne sehen würden.“

Knapp 11 Jahre nach Auslieferung degradierten Rostschäden den 1990er Kadett zu einem 250 € billigen, fast hoffnungslosen Schrottbomber. .“Den CarAvan habe ich deshalb gekauft“, erklärt Stefan, weil ein Kombi in der Szene seltener als das Fließheck oder das Cabrio vorkommt. „Außerdem war er Serie, weshalb ich mich austoben konnte“.  Bereits bei den Vorbereitungen für den TÜV ließ er Phantasie walten und als endlich der Stempel die Bleche zierte, legte der Hobbybastler so richtig los. Der brachialste Umbau in den abgebildeten Zustand passierte ziemlich genau vor 10 Jahren, nachdem er den CaraVan zum zweiten Mal total zerpflückt hatte.

Stefans Trend zum Individualismus verdeutlich vor allem die Frontansicht, die aus drei verschiedenen Opel-Modellen, sowie einer kleinen Anleihe von Porsche und einem Kaufteil für Golf III stammt. Zweifelsohne passte die NTC-Schürze für den Wolfsburger nicht an einen Kadett, weshalb Stefan sie vierteilte, mit Gfk verband und umgestaltete. Die Schürze wird mit Halterungen für Calibra auf einem Träger für Astra-Träger fixiert. Zudem ist die Schürze mit Blinkern des Porsche Turbo Typ 997 ausgestattet. An diesem Punkt stellen wir zum ersten Mal und nicht zum letzten die Frage nach den Eintragungen. Kommentar des Besitzers:  „Alle eintragungspflichtigen Teile in und an diesem Auto stehen in den Papieren“. 5 Seiten Fahrzeugschein bestätigen dies. Unverkennbar trägt den Grill normalerweise der Astra G, dessen  Anpassungsarbeiten in Kombination mit der verlängerten Kadett E GSI Haube plus Sicke und den Angel Eyes des Astra F total aus der Rolle fallen. Die Hutze gibt es als Universalteil und die seitlichen SL-Kiemen erhält man beim Mercedes Nachschub. Auch die in  Tortellini-Art gestylten Schweller finden sich in den Papieren wieder, eingetragen unter der Bezeichnung „Schweizer Tuning Design“, womit sich die Abkürzung STD wie von selbst erklärt. Saubere  Arbeit wird vom TÜV geschätzt und honoriert. Der Kamei Heckflügel für Golf III passierte die Einzelabnahme, weil er perfekt an das Dach angepasst wurde. Die an den Aufhängungspunkten geänderte Heckschürze des Astra F kombinierte Stefan mit einem Cup-Diffusor, der ebenfalls in den Papieren als STD-Produkt festgehalten wird. Man kommt nicht umhin, den Lageristen im positiven Sinne als „verrückt“ zu erklären. „ Kein Teil wurde damals bei Ebay gekauft wie oft dem Auto nachgesagt wird!“  Ebenfalls verrückt ist die Lack-Mixtur in Eldorado des Astra F Cabrio mit Übergang zu Orange-Sunrise des Astra G Cabrio.

Selbst das  Räderwerk hebt den CarAvan in den Status eines Exoten. Geschmiedete, 3-teilige Braid Felgen in 8×17 und 9×17 Zoll mit dem notwendige Festigkeitsgutachten ausgestattet, sind spanischer Herkunft. Auch das Fahrwerk ist besser als Original, da beide Achsen inklusive der Stabis und Bremsen der erhöhten Motorleistung Rechnung tragen und zudem mit Koni Gelb und Weitec Federn bestückt sind. Der Inhalt im Motorraum entspricht nicht mehr der Serie, seit der werksseitige 1,8i von einem 2 Liter 16 V Typ C20XE mit Lexmaul-Ansaugbrücke ersetzt wurde. In Zusammenarbeit mit Kumpel Severin entstand ein optisch außergewöhnlicher Motor mit überarbeiteter Technik und attraktiver Optik mit  24 Karat vergoldeten Schrauben, polierter Brücke, Zahnriemenabdeckung und einer Menge lackierter Teile. An den Lexmaul-Fächerkrümmer schließt sich eine Bastuck Gruppe A mit zwei OPC Endrohren an, die verkehrt herum montiert wurden. Dank optimiertem Motor liegt die Leistung des 16V höher als die Werksangabe über 150 PS, allerdings spürt man wenig davon, wie Stefan zugibt. Die ausgewachsene Car HiFi Anlage mit drei Endstufen, einem schweren 38er Eminence und zwei 20er Pyle Woofer in der Kiste, zaubert zwar beim db-Drag bis zu 146 db auf das Messgerät, doch auch viele Pfunde auf die Waage. Zeitaufwendigster Posten im Innenraum war die Einpassung des Astra Cockpits mit dem LCD Tacho des Kadett GSI und die Fertigung der Doorboards und des Heckausbaus mit „Minibar“.

Täglich  bewegt er das Auto in den Sommermonaten im Alltag. Egal ob Regen oder Schönwetter! Zum Glück ist Stefans Verlobte fast so verrückt wie er, bei weiteren Projekten eingebunden und tatkräftig dabei. Sechs Opels gilt es für beide in Form zu bringen: Zwei Omega B, zwei Kadett E Stufe,  ein Corsa A Turbo und Kadett D. Wir werden sicherlich wieder vom verrückten Schwäbischen „Schweizer“ hören

fotografiert in der Sahara von Ellwangen (auch Ellwangen hatte eine Sahara)

Opel Kadett E Caravan (1990)

Motor:  2.0 16V (C20 XE), Lexmaul Brücke, geplanter Cosworth Kopf, ca. 165 PS, Vieles Poliert bzw Lackiert; Motoroptik, gecleanter Motorraum -> Batterie im Kofferraum unter Heckausbau

Auspuff: Lexmaul Fächerkrümmer, Bastuck Gruppe A ab Kat auf Duplex umgebaut, 2x OPC-Look Endrohr,

Leistung (max): 110 KW (150 PS)

Kraftübertragung: 5- Gang

Vorderachse: Kadett GSi 16V

Hinterachse:  Kadett GSi 16V auf Caravan umgeschweisst

Fahrwerk:  Weitec Federn, Koni gelb Dämpfer, Bonrath Federteller

Felgen (Herst./Größe): 3-teilige, geschmiedete Braid Felgen VA: 8X17 ET23 ;HA: 9X17 ET 21

Bereifung (Herst./Größe):  Pirelli (va), Dunlop(ha) / 205/40 ZR 17(va),  225/35 ZR 17 (ha)

Bremsen(vo/hi): Zimmermann Scheiben gelocht (va)/ Scheiben (ha)

Weitere Extras: Modifizierte STD! Frontschürze mit Astra F Träger und Eigenbau Halterungen, Porsche 997 Turbo LED-Blinker, Astra G Haube angesetzt; Astra G Grill Chrom mit Vauxhall Emblem, Astra F Angel Eyes Scheinwerfer In Wagenfarbe auslackiert, Universal-Hutze, Original Mercedes SL (R230) Kiemen, Rückspiegel im SLR-Look mit Blinker, Renault Twingo Lufteinlässe, Eigenbau Einarmwischer (Fiat Uno Wischerarm), Türgriffe vorne Senator B, hintere Türgriffe entfernt, STD! Seitenschweller im „Extrem“ Look mit Flaps, Kamei Golf III-Dachflügel, Dachreeling entfernt, Astra F Caravan Heckschürze mit STD! Eigenbau Diffusor, Böser Blick über Rücklichter, Heckklappe gecleant; Schwarze Rücklichter mit LED Technik, Seitenmarkierungsleuchten; Eldorado (Gold – Astra F Cabrio), Orange Sunrise Mica-Effect (Kupfer) (Astra G Cabrio),

Interieur: 2-Sitzer, Carbon Leder Sportsitze, Schroth Hosenträgergurte; Astra F Armaturenbrett mit Kadett GSI LCD Tacho, VDO Zusatzinstrumente, 28er Raid Lenkrad mit 24-Karat vergoldeten Schrauben, extra gedrehter Alu-Schaltknauf, Astra F Mittelkonsole, verchromter Innenspiegel mit Flammen, Dachhimmel in Flammenoptik lackiert, Senator B „Angstgriffe“, Alu Handbremshebel, Türverkleidungen und Mittelkonsole in cremefarbenen Leder, Starterknopf und Schalterleiste in Aschenbechervorrichtung, Elektrisches Schiebedach und Leselampen Senator B,

ICE: Sony Steuergerät, Impulse, Phase Linear Magnat und Jackson Verstärker, Velocity 16cm System (2 mal pro Seite) vorne, Velocity Ovalsystem in hinteren Türen; Velocity Hochtöner im Spiegeldreieck, 2×20 Pyle Woofer, 38er Eminence Woofer, Playstation, DVD System, mehrere Monitore

Der Kadett Caravan ist einer meiner wenigen Triples
Text & Fotos: Heinz Bauriedel für Opel Flash 7/2014, reloaded für Tuningcars am 6. Mai 2021
Miroslav Koscinsky & Mirko Koenig für Opel Tuning 7/2008
Miroslav Koscinsky & Mirko Koenig für Opel Tuning 3/2004