Das Schmuckstück aus dem Bauernhof: Nicht jeder Scheunenfund treibt einem Restaurateur die Tränen in die Augen. Es geht auch anders. Christian Lang entdeckte im Vorüberfahren einen Ascona A Voyage, dessen Substanz einen erstaunlich guten Zustand aufweisen konnte. Der Weg zum Voyage GT/E war dennoch ein weiter.

„Schöne Kombis heißen Ascona Voyage“, hätte ein Opel Slogan vor fast 40 Jahren lauten können. Im Vergleich zu den Normal- und L-Ausstattungen des Ascona A war der 1970 vorgestellte, zweitürige Kombi in Sachen Ausstattung oberhalb der Limousinen angesiedelt. Erst ab März 1974 erschien eine abgespeckte Version, die wie von Opel gewohnt Ascona Caravan genannt wurde. Man lese und staune, in den USA stand ab Modelljahr 1973 der Voyage als Opel Manta Sport-Wagon im Showroom. Zurück nach St. Florian am Inn in Oberösterreich. Ein Bauer hatte sein Scheunentor offen stehen lassen, als Christian zufällig vorbeirauschte. Bei Walt Disney würde jetzt ein fettes „Quietsch“ die negative Beschleunigung ausdrücken. Nichts wie rein in die Scheune und den limonengrünen Voyoge 1,6 unter die Lupe genommen. An Durchrostungen konnte Christian nichts entdecken. Die Karosserie schien komplett, weder Gläser noch Anbauteile hatten sich in Luft aufgelöst. Der Tacho zeigte knapp 110.000 Kilometer. Lediglich der Innenraum war kannibalisiert worden, was Christian als geringes Übel einstufte. Nach Einigung über den Kaufpreis wechselte der Voyage seinen Besitzer.

Trotz des guten Zustands beschloss Christian eine Teilrestauration. Kaum hatte er damit begonnen, erschallte der Ruf des Bundesheers. Nach acht Monaten „harter Kämpfe an der Front“ kehrte er in seine Werkstatt zurück und wurde prompt erneut abgelenkt. Ein Projekt namens „Ascona B“ schien dringlicher und ließ den Voyage weitere Monate auf dem Abstellgleis verharren. Mittlerweise hatte sich ein nicht mehr restaurationsfähiger Manta A GT/E der ersten Serie als technischer Teilespender eingefunden, dessen 1,9 Liter 105 PS Maschine den phlegmatischen 68 PSler im Voyage ersetzen sollte. Christian übernahm zudem beide Achsen und das Getriebe des Mantas, was auf Grund der gleichen Baueinheiten ohne Probleme über die Bühne ging. Nur der verrostete Tank bereitete Kopfzerbrechen, die einige Zeit später auf der Veterama Mannheim von einem ehemaligen Manta-Schrauber aus Frankreich gelindert werden konnten. Auch die Aufpuffanlage zählt zu den seltenen Fundstücken, stammt sie doch von Supersprint aus den frühen Achtzigern.

 Eine Innenraumausstattung des Voyager zu finden ist wie die berühmte Suche der Stecknadel im Heuhaufen. Selbst wenn die Wände der Abdeckungen im Heckbereich deutliche Gebrauchsspuren aufweisen, das auf den Fotos gezeigte war das einzige Interieur, was sich innerhalb 10 Jahren organisieren ließ. Dass der Ascona nicht mehr in der Originalfarbe lackiert wurde, hat zwei Gründe. Der erste Lackierversuch misslang, weil das neue Limonengrün-metallic kurze Zeit später Blasen schlug. Christians Freundin Daniela entschied sich für „Rubensrot“ des Vectra C GTS und wenn Frauen Entscheidungen über Farben treffen, ist Gegenwehr meist zwecklos.

Mit schmalen 165/13 Zoll Räder wollte sich Christian nicht abgeben. Zur dezenten Tieferlegung mit 40er KAW Federn und gelben Konis fand er die die zeitgenössische Tunerfelge BBS RS01 in 7×15 und 8×15 Zoll, umlaufend mit 195/45er Goodyear bespannt. Außenschüsseln und Abdeckungen polierte er eigenhändig, deren Glanz hervorragend mit den serienmäßig verchromten Radlaufleisten harmoniert.

Aufwendiger als die komplette Restauration gestaltete sich die Abnahme, die auf Grund des , Fahrwerks und Räder notwendig wurde. Das von einem Zivilgutachter erstellte Gutachten muss bei der Landesregierung für Verkehr eingereicht werden, wofür satte 500 € fällig werden. Trotzdem, auch diese Investition hat sich gelohnt. Der 73er Opel Manta Sport-Wagon der Vereinigten Staaten lässt uns keine Ruhe, deshalb beamen wir uns kurz zurück in das Jahr 1973. Volkswagen löste in diesem Jahr den „Nasenbär“ VW 412 E mit dem Passat ab, dessen stärkste Version ein 1,6 Liter mit 85 PS war. Im September zur IAA stellte Opel den Manta A GT/E vor. Ein Ascona A Voyage GT/E wäre mit Sicherheit Opels Imageträger im Bereich der Kombis geworden und hätte einen  Vergleich mit dem BMW 2002 Touring locker standgehalten.

Opel Ascona A Voyage (1973)

Motor: 1,9-Liter-Reihenvierzylinder, Bosch L-Jetronic (aus Manta A GT/E), polierter GT-Ventildeckel

Auspuff: Supersprint Komplettanlage

Kraftübertragung: 4. Gang Schaltgetriebe

Vorderachse: Doppel Querlenker, Drehstab-Stabilisator

Hinterachse: Zentralgelenk Starrachse, Längslenker

Federung (vo/hi): KAW-Federn (-40mm)

Dämpfung (vo/hi): Koni Dämpfer Gelb

Felgen (Herst./Größe): 3-teilige BBS RS01 / 7×15 ET 16, 8×15 ET 18

Bereifung (Herst./Größe): Goodyear / 195/45-15

Bremsen(vo/hi): Manta A GTE

Weitere Extras: verchromter Tankdeckel, Lackierung: Rubensrot Vectra C GTS , weiße Blinker

Interieur: origInale Voyage Ausstattung GT/E-Amaturen

Musik: keine

Danksagung: Danke an Biba, Sumsi, Blacky und besonders meinen Vater Johann, Freudin Daniela, Sohn Nico

Text & Fotos Heinz Bauriedel für Opel Flash 03/2009 – reloaded für Tuningcars am 18. April 2021