Der Adriano Callegari – so sein korrekter Name – war ein sympathischer Kerl. Mit seinem Calibra kam er aus dem Kanton Schwyz zu Opeltreffen heraufgeritten, wobei er meist in Ellwangen anzutreffen war. Und er war Perfektionist. Beruflich im Qualitätsmanagement tätig, strahlte sein Hang zur Genauigkeit auf das Hobby „Calibra“ ab. Adriano erinnerte mich an meine Celica Hardliner Phase, die 1986 in der Schweiz ihren Anfang nahm. Vielleicht haben wir uns auch deshalb so gut verstanden.
Adriano Callegari ist Perfektionist. Anstatt einfach loszubasteln, wickelt er seine Projekte grundsätzlich strategisch ab. Das Konzept seines Calibra 4×4 Turbo trägt die Bezeichnung C244.
Adriano ist gewissermaßen beruflich vorbelastet. Die professionelle Methodik seiner Tätigkeit als Leiter Qualitätssicherung einer großen Schweizer Firma lässt sich nahezu unverändert auf sein Hobby übertragen. Bevor der erste „Hammerschlag“ fällt, sind prinzipiell alle Anforderungen bereits in einem Lastenheft vorbereitet worden. Wie der Manager eines Fußballclubs sucht er seine Mannschaft zusammen und legt perfekte Veredlung in allen Bereichen als oberste Priorität fest. So auch im letzten Winter bei der aktuellen Überarbeitung des Teilprojektes C244-2003.
Zum besseren Verständnis blicken wir kurz zurück. Adriano entdeckte diesen Calibra Turbo 1992 in Zürich zur 15. Rennwagenschau am Stand von SFJ (Steinmetz). Ein Monat später trennte er sich schweren Herzens von seinem Manta 200, weil ihm der Calibra einfach nicht mehr aus dem Kopf ging. Doch der brachte ihm zunächst wenig Glück, denn Hagelschaden und auf Garantie behobene Defekte verdarben Adriano die Freude. Dennoch ließ er sich nicht entmutigen und realisierte erste Veredlungen. Bereits ein Jahr später errang er bei einem Tuning-Wettbewerb den dritten Platz. In Zusammenarbeit mit Lumma, Steinmetz, der Lackiererei Müller und dem Atelier Gantenbein (beide arbeiten für das Formel I Team Sauber Petronas) wurde Jahr für Jahr die optische und technische Performance des Calibras gesteigert.
Ein Schrank voller Pokale beweist die gute Benotung verschiedenster Juroren bei Dutzenden von Opel-Treffen. Doch ein Perfektionist ist eben schwer zufrieden zu stellen. Im Oktober 2002 rollte das Auto zum Opel-Händler Müller, dem Arbeitgeber seiner Kumpels Stephan und Roger, um zunächst in seine Einzelteile zerlegt zu werden. Erster Schwerpunkt war die Veredlung des Motorraums. Das Team verfuhr nach dem Motto: Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Jedes Detail wurde auf seinen Zustand hin untersucht und falls notwendig, neu gekauft beziehungsweise neu angefertigt.
Die Überprüfung betraf natürlich auch technische Teile wie den Hauptbremszylinder, dessen mangelhafte Funktion der Prüfung nicht standhielt. Diverse gefertigte Abdeckbleche und Hüllen, Domstrebe mit Domkappen, usw. wurden vorbereitet. Anschließend erhielt die Galvanik einen chromatischen Auftrag. Alle Serienschläuche ersetzte man durch druckbeständige Samco Hochleistungsschläuche aus Silikon und überzog sie mit Panzer-Ummantelung. Zur Befestigung beschaffte Adriano aus England die so genannten „Hose Clips“. Von technischer Seite her war der 2 Liter Motor längst aufgerüstet worden. Hürlimann-Motorsport steigerte mit einem neuen Steuergerät die Leistung auf 252 PS und hob das Drehmoment auf 370 Nm an
Die grell gelbe Lackierung von Sikkens, sowie alle Steinmetz Anbauteile wie Schweller, Heck- und Dachspoiler stammen aus der Zeit, als der Calibra zu Diensten von SFJ stand. Die von Lumma produzierte Schürze entwarf Adriano vor 4 Jahren. Inzwischen war die neue Version mit seitlichen STW Einlässen serienreif und ihm als Prototyp übergeben worden. Auf Grund neuer Umweltbestimmungen ist die Verwendung des mit Zink angereicherten Lacks nicht mehr erlaubt und damit die Tonwertangleichung zur bestehenden alten Lackierung fast nicht realisierbar. Der Unterschied wurde an der neu entworfenen Frontschürze deutlich sichtbar. Da die Lackierarbeiten im Innenraum ebenfalls nicht den Anforderungen entsprachen, wurde der Lackierer kurzerhand in die Wüste geschickt und der Auftrag neu vergeben.
Die Definition des Innenraums umschreibt Adriano mit „Mercedes Benz Effekt“, also so edel und sportlich wie möglich unter verstärktem Einsatz von Aluminium, Lederapplikationen und der Wagenfarbe. Sämtliche Blenden wurden wie angesprochen mehrmals aufbereitet und lackiert. Eine wichtige Aufgabe fiel dem Sattler Danny zu, der den Innenraum komplett neu überarbeitete und die aufgepolsterten Seitenteile mit blauem Alcantara Leder absetzte. Roger kümmerte sich um das Finish des Innenraums, der von außergewöhnlichen Details geprägt ist und in Sachen Perfektion jedem auch noch so gestrengen Auge standhält. „Absoluter Tiefpunkt“ sind die Audi TT Stützen, die auf Alcantara Teppichen mit blauen Borden sitzen.
Die Zeit lief dem Viermann-Team davon. Die Lieferzeit einiger Teile bescherte unerwartete Verzögerungen. Zum Opeltreffen in Tannhausen war es soweit, der Calibra rollte zum ersten Mal nach kompletter Planerfüllung an den Start. Wie lange der aktuelle Performance Bestand hat ist ungewiss, denn Adriano sitzt bereits wieder an einem Lastenheft für sein nächstes Projekt.
TYP: Opel Calibra 4×4 Turbo, Baujahr 1993
KAROSSERIE: Heckschürze, Schweller, Dach- und Heckspoiler von Steinmetz, STW Heckflügel und Frontspoiler von Lumma, Heck Aerowings Eigenentwicklung und gefertigt von Lumma, Sikkens Lackierung von Tellini AG
MOTOR: 2 Liter Turbo, Popoff, Chiptuning auf 252 PS, Steinmetz ESD, Motoroptik in Eigenentwicklung, Samco Schläuche, Sachs Sportkupplung, Gema Schaltwegverkürzung
FAHRWERK: höhenverstellbares KW Gewindefahrwerk mit DTC Gutachten, Einstellung ca. 60/40 mm , 3-teilige 8×17 Zoll Steinmetz Räder ET 35, an VA: 215/40 Falken, an HA: 245/35er Falken
INTERIEUR/MUSIK: Alcantara Leder komplett von Audi RS2, Cockpit lackiert, Starterknopf Opel Speedster, Audi TT Kniestützen, Monaco Halbschalen, Heckausbau komplett
reloaded für Tuningcars am 30. März 2022