Am 21. April 2017 hat der Schachtners Martin ein gutes Werk getan. Er nahm mich mit nach Ingolstadt zum 7. Treffen des Audi RS-Club Deutschland und RS-Quattro.de. Auf dem Beifahrersitz seines Audi S2 mit dem Tuningcode SLH (Schnell. Laut, Hart) verging die Zeit so fix wie die Tankuhr fiel. Der Leistungsdurchschnitt aller Audis soll bei knapp 500 PS gelegen haben. Der Schachti hat da mit seinem S2 den Schnitt hochgehalten. Übrigens: Kennen gelernt habe ich ihn im Schrauber Eldorado von und zu Rehau in der Werkstatt vom Rumlers René. Den Fototermin vereinbarten wir zum Classic Love Treffen auf dem Flugfeld Zell Haidberg.

michael kolb für Audi Scene 2/2018

Wo Industriemechaniker Martin „Schachti“ Schachtner seine Signatur auf dem Ventildeckel hinterlässt, wächst Leistung pur. Für seine Kumpels in der Szene ist er ein beliebter Lieferant was individuell gefräste Motor- und Getriebeteile betrifft. Sein eigener Audi S2 dient ihm quasi als Spielwiese, wenn es darum geht, dem Fünfzylinder ständig mehr Pferde zu entlocken.

Auf dem Beifahrersitz in Schachtis S2 machen Gespräche wenig Sinn. Motor, Auspuffanlage und vor allem das Popoff-Ventil regieren die Akustik zwischen den Blechen. Die Beschleunigung presst dich in den Sitz. Die Landschaft fliegt vorbei. Ingolstadt in Sicht. Den imaginären Bremsfallschirm geworfen für die Ankunft beim RS-Treffen am Audi-Museum. Ein Durchschnitt von 487 PS wird unter den 102 teilnehmenden Fahrzeugen errechnet. In der Renneinstellung liegt Schachtis S2 gute 217 PS über dem Schnitt. Die volle Leistung lässt er freilich nur beim freien Fahren auf den Nürburgring oder ähnlichen Strecken aus. Im “zivilen Leben” begnügt er sich mit der Straßensoftware, was mehr als nur ausreichend ist.

“Im Jahr 2010 waren die Preise im Keller” erinnert sich Schachti an den Zeitpunkt des Kaufs. Guter optischer Zustand, knapp über 200.000 Kilometer, nur 5.500 Euro: Gerne legte er den Schnäppchenpreis für einen S2 mit serienmäßigen 220 PS hin. “Ab diesem Zeitpunkt haben wir alles verbaut was möglich war”, fasst er über Jahre dauernde Evolution in einem Satz zusammen. Mit “wir” schließt er seinen damaligen Arbeitgeber René Rumler und Allrounder Thomas “Buchtl” Buchta mit ein. Im Schrauber-ElDorado zu Rehau brachte zu jener Zeit René seinen Audi 200 RS auf 850 PS und Schachti profitierte vom einen oder anderen Tipp. Beide bauten reine Rennmotoren, die auf dem Block des 2.5 Liter Diesel und der dazugehörenden Kurbelwelle basieren. Schachti rüstete den Zylinderkopf auf mechanischen Ventiltrieb auf, um Drehzahlen bis 10.000 Touren zu gewährleisten, schöpft diese aber nur bis 8500 Touren aus. Buchtl kümmerte sich um die Bearbeitung der Ein- und Auslaßkanäle. Ein zuverlässiger Teile-Lieferant ist ebenso wichtig wie eigene Erfahrungswerte. Fünfzylinder-Guru PK-Motorsport schloss alle offenen Lücken und brachte ebenfalls den einen oder anderen Hinweis mit ein. Von ihm beschaffte Schachti den Garrett GTX35 Turbolader mit den notwendigen Anschlüssen, dessen Leistungsspektrum im Datenblatt des Herstellers bis 750 PS angegeben wird. Gemessen wird die Leistung des Fahrzeugs erst, nachdem die Feinabstimmung in Zusammenarbeit mit Christian Leber (Audi 80 STW aus 4/2017) durchgeführt worden ist.

Die variablen Leistungsparameter wurden ebenfalls bei PK-Motorsport über das frei programmierbare Steuergerät von VEMS eingestellt, wobei der Ladedruck im Alltagsbetrieb bei 0.9 bar fixiert werden soll. Die Kraft wird über ein modifiziertes 6-Gang Schaltgetriebe des Audi S6 (C4) weitergereicht. Getriebehalterungen für den S2 gibt es weder für angemessenes Geld noch gute Worte. Die von Christian angelieferten CAD-Daten setzte Schachi in CNC-Programme für die Fräsmaschine um. Vorder- sowie hintere Bremsanlagen aus dem Audi-Nachschub fügten sich problemlos ein. Der reine Einbau des KW- Variante1 Inox Line Edelstahlfahrwerks wäre der Leistung nicht gerecht geworden. Sämtliche Teile an beiden Achsen wurden in Eigenregie verstärkt. Mittlerweile ist das KW-Fahrwerk spürbar in die Jahre gekommen. „Entweder überholen, oder ein neues Rennsportfahrwerk“ wird Schachti bei Bedarf entscheiden.

Außer der von ihm modifizierten ABS-Frontschürze im RS-Look zeigt sich die Karosserie im originalen Zustand. Wo sind die Ringe im Grill geblieben? Tatsächlich war dieser S2 beim RS-Treffen das einzige Fahrzeuge ohne das historische Auto Union Emblem. “Mir persönlich gefällt der Grill ohne Ringe besser” nimmt er den Frevel in Kauf. Man kann für Walters Unterschrift Aufwand betreiben. In diesem Fall: Haube vom Lackierer schleifen und lackieren lassen. Zum Wintertreffen des Audi RS-Club Deutschland e.V. die Haube mitgenommen und anschließend die unterschriebene Haube mit zwei Schichten Klarlack versehen lassen. Weniger aufwendig waren die Vorbereitungen für die in Weiß gepulverten 18 Zoll BBS RS-GT, weil lediglich die Kanten der Kotflügel umgelegt werden mussten. Weiße Sterne am roten Auto sind sein Ding.

“Nur extrem tief ist Blödsinn, ich will fahren” lautet die Devise des Industriemechanikers. Dementsprechend ist die Höhe des Fahrwerks ausgelegt. So auch die Konfiguration des Innenraums . Die Anzeigen im digitalen Bildschirm werden von drei analogen Volt, Öldruck und Öltemperatur ergänzt. Der Schaltknauf des RS4 B5 liegt dank Alcantara-Bezug besser in der Rechten. “Kampfspurbeseitigung”, könnte man seine nächsten Tätigkeiten am Fahrzeug beschreiben. Kurz vor Fototermin bekam das Heckblech einen Schuss und die eine oder andere Kante hat im Zuge des Gefechts Farbe abgestoßen. Es ist eben keine Standuhr und auch kein Sonntagsauto, sondern wird richtig rangenommen. Die Geschichte des verdammt schnellen Fahrmobil schließt wie sie begonnen hat. Wo Schachti draufsteht….

Audi S2 Coupe, Baujahr: 1991

Motor: 5 Zylinder 20V Turbo, 2,5 Liter Dieselblock und Kurbelwelle, Garrett GTX 35 Turbolader, mechanischer Ventiltrieb (bis 10.000 umin), Brennräume gefräst, Ein- und Auslasskanäle geweitet, frei programmierbares Steuergerät von Vems

Leistung (max): 330PS (Straße bei 0,9 bar), ca. 700PS (Rennstrecke bei 2,4 bar)

Kraftübertragung: 6-Gang Schaltgetriebe (S6 C4) mit Getriebeölkühler, Sintermetallkupplung, Getriebehalter selbst gefräst

Auspuff: Fox Sonderanfertigung, 89mm Durchmesser

Vorderachse: KW Variante1 Inox Line Edelstahl, verstärkte Dreieckslenker, Aluminiumlager

Hinterachse: KW Variante1 Inox Line Edelstahl, verstärkte PU Lager in den hinteren Dreieckslenkern, Aluminiumlager, PU Lager für das Hinterachsdifferenzial

Bremsen: vorne: 8-Kolben, 360×34 Scheiben (RS6 4B), hinten: 300×22 Scheiben (S4 B6)

Felgen (Herst./Größe): BBS RS-GT, Stern weiß lackiert / 8.5×18 ET32 umlaufend

Reifen (Herst./Größe): Hankook Ventus S1 Evo / 225/35 R18 umlaufend

Interieur: Leder, 32er Victor Sportlenkrad, Schaltknauf RS4 B5 in Alcantara, Zusatzanzeigen. Tachoscheiben PK-Motorsport

Karosserie: ABS-Frontschürze in RS2-Optik, Grill ohne Ringe, Kotflügelkanten vorne gebördelt

HiFi: Auspuff macht genug Musik

Danksagungen: PK-Motorsport, René Rumler, Thomas Buchta , Christian Leber, Heiko Fuchs, und vor allem meiner Frau Anke, die genug mit mir und dem Auto durch machen muss

reloaded für Tunincars am 18. Dezember 2021