Dirk Zickenrotts Golf ist zumindest unter den Freunden der kurzen Kennzeichen Deutschlandweit bekannt. Dem ungeachtet hat sein Cabrio mehr zu bieten, als zwei 245 mm kurze Bleche. Beginnen wir dennoch mit diesem Alleinstellungsmerkmal.

Nach Zusammenlegung der Landkreise Auerbach (Kfz-Kennzeichen AE), Oberes Vogtland (OVL), Reichenbach (RC) und Plauen Land (PL) erhielt Januar 1996 der neue Vogtlandkreis im Südwesten Sachsens ein Einbuchstabenkennzeichnen, wie es normalerweise nur Großstädten gebührt. Die Volkswagen-Fahrer waren die ersten, die den Braten rochen. Begonnen bei V-W-1 bis V-VW-999, fielen die meisten VW-nahen Kfz-Kennzeichen in deren Hände. Das Gardemaß eines Normblechs liegt bei 52cm. Die Zulassungsstellen gingen mit den Wünschen nach ultrakurzem Blech sehr großzügig um. Zwar ging der V-W-Boom an Dirk vorüber, dennoch hält er die Trumpfkarte schlechthin  in der Hand. „Heute wären Kennzeichen mit 245 mm Länge wahrscheinlich nicht mehr möglich“, vermutet er. Nie und nimmer käme er auf die Idee, das Fahrzeug über Winter abzumelden. Er hat es. Punkt.

„Das Golf Cabrio war ein Schrotthaufen“, erinnert sich Dirk. Dennoch verlangte der Hinterhofhändler satte 1100 Euro, die Dirk ungern, aber notgedrungen auf die Theke blätterte. Er wollte das Cabrio. Er wollte kein bereits restauriertes Ding, sondern eine Spielwiese zum Selbstaufbau. Immerhin dauerte es zwei Jahre, bis das Bastelobjekt einigermaßen auf der Straße stand. „Man könnte das Fahrzeug  mit wenig Aufwand in den Originalzustand zurückrüsten“ bekräftigt Dirk die Frage nach Anbauteilen. Ab Modelljahr 1988 hatte das Cabrio die serienmäßigen Verbreiterungen und auch beide Stoßstangen blieben unverändert. Lediglich das Heckklappenschloss fiel dem Wunsch einer glatten Fläche zum Opfer. Klarglasscheinwerfer und Rückleuchten von in.Pro punkten bei Bewertungen.

„Der Motor kommt aus einem Corrado“, erklärt Dirk. Vor Einbau des 2 Liter 16V entfernte er mit Hilfe seiner Kumpels David und Sandor die Spritzwand. Hempfling Motorsport stellte den von Injektion auf Weber Doppelvergaser umgerüsteten Motor ein. Frei programmierte Zündanlage und die selbst spannende Lichtmaschine aus dem Seat Regal gab Dirk ebenfalls in Auftrag. Dirk ist gelernter Mauerer und seit über 15 Jahren selbstständiger Autohändler. Warum sollte er selbst Dinge tun, die Kumpels besser machen können? Die Konfiguration mit Weber Doppelvergaser ist akustisch unschlagbar. Schlürfen und Schnorcheln  bei kleiner Schleichfahrt und das Brüllen im Tunnel entschädigt für den einen oder anderen Liter im Vergleich zu einem Einspritzer. Dennoch: Man kann unter 10 Liter. Man kann aber auch annährend 20 Liter. Die Spanne unterliegt dem Fahrstil.

Wie sollte ein Golf Cabrio der ersten Generation aussehen? Mit großen 17 Zoll Felgen oder fetten 15 Zöllern? Letzteres gab den Ausschlag. BBS in 15 Zoll gilt für ihn als optimales Maß. Nach einem Jahr BBS-Zwangspause haben seine Lieblingsfelgen ihren Platz wieder eingenommen. „Die 7,5 und 8×15 Zoll BBS RM010 waren zum Hochglanzverdichten bei „Reini“, was in Bayern und im südlichen Sachsen mit Kopfnicken verstanden wird. Reini ist der Schramls Reinhard, Felgenveredler und Veranstalter des new-styler VW-Treffens in Weiden.

Also Dach auf und einsteigen. „Das Stoffdach und den Heckscheibenrahmen musste ich nachkaufen“, erklärt Dirk, der damit nochmals den Schrotthaufen ins Spiel bringt. Die Sattlerei Seifert aus Plauen machte ihm ein Angebot über ein Komplettpaket inklusive Dach, Persenning und die beige Lederausstattung, das er nicht ablehnen konnte. Die Farbe der Nähte ähnelt der Wagenfarbe, ebenfalls der Recaro Schriftzug auf den Sitzen. Selbst mit dem Cockpit war es nicht weit her, weshalb er das Armaturenbrett eines 93er Sportline einbaute. Nachgerüstete Fensterheber werden via Kippschalter aus einem Golf II betätigt.

Der See ruft alle Jahr wieder. Die 660 Kilometer lange Strecke an den See wird das Cabrio Huckepack genommen, um anschließend ganz entspannt Runden um den Wörthersee zu drehen. Altgediente Seefahrer zwischen Velden und Reifnitz kennen Dirk, wo er mit Kind und Kegel eine Woche Urlaub geniest. Keiner schnappt Shorty, auch die Piraten unter den Seefahrern nicht.

Fotografiert am 11. April 2015 am Rummel neben der Festhalle Plauen

Typ: VW Golf I Cabrio, Baujahr: 04/1990

Motor:  2 Liter 16V (9A Corrado), 1984 ccm, Reihenvierzylinder, 45er Weber DCOE Doppelvergaser, K&N Luftfilter, freiprogrammierbare Zündanlage, Spritzwand entfernt, selbstspannende Lichtmaschine (Seat Toledo), Kühler mit integrierenden Ausgleichsbehälter, Leistung: 174 PS

Getriebe: 5-Gang Schaltgetriebe (4 +E)

Auspuff:  Fächerkrümmer, Gruppe A Anlage  Auspuffanlage von Novus

Fahrwerk:  Tuningart Gewindefahrwerk

Bremsanlage:  Scheiben (Serie) (va), Scheiben  Golf 2 GTI (ha)

Felgen: BBS RM010 hochglanzverdichtet / 7,5 x15 Zoll ET25(va)/ 8×15 ET10 (ha)

Bereifung: Nankang / 195/45R15

Karosserie: keine Anbauteile, Klarglasscheinwerfer mit Fadenkreuz, in-Pro Rückleuchten, Heckklappenschloß entfernt, Radlaufkangen bearbeitet

Interieur:  32er Raid Lenkrad, Recaro Sportsitze, Cockpit aus 93er Sportline, Beige Innenausstattung mit gestickten Recaro Schriftzüge in Wagenfarbe, Fensterheber-Kippschalter Golf II

HiFi:  Kofferraumausbau , Doorboards, MP3 Radio von JVC

Text & Fotos: Michael Kolb für VW Scene 6/2015, reloaded am 20. August 2021
trotz „H“ mit 340mm noch immer verdammt kurz. Nun vielleicht das kürzeste H-Hennzeichen Deutschlands?