Allzu viele Kilometer fährt Harald Stadler nicht mehr mit seinem Ascona B. Es mangelt ihm an Zeit und mit dem nur zwei Monate gültigen Saisonkennzeichen setzt er sich freiwillig ein Limit. Vor uns steht ein Breitbau als Zeitzeuge der ruhm- und glorreichen Achtziger.

Bei Tuningtreffen im Jahr 2009 hinterlässt der Ascona den Eindruck eines wie aus der Vergangenheit in die Gegenwart gebeamten Relikts aus der Epoche des ausladenden Breitbaus. In den Achtzigern ging eben nichts über automobile Körperfülle nach dem Motto je breiter, desto besser. Obwohl der Ascona diese Phase am „eigenen Leib“ miterlebt hat, blieb er von Abnutzung, Lackschäden oder gar Feindberührungen sichtbar verschont. Kompliment an Kfz-Mechaniker Harald, der einen Zeitzeugen der hyperwilden Tuningzeit über die Jahre in seiner Form bewahrt hat. Seit seinem Kaufdatum im Jahr 1982 steht der Ascona B im Familienbesitz. „Meiner Mutter war es schließlich vollkommen egal, welches Auto sie fuhr“, erinnert sich Harald. Als Muttern zur Kur weilte, kaufte er ihr einen Ascona 1,6 Liter Viertürer, um ihren Zweitürer 1,9 N mit Schiebedach in seinen Besitz zu entführen. „Nur die großen Achsen des 1,9N sind für Breitbau geeignet“, erklärt er den nicht unerheblichen Grund des familieninternen Tauschgeschäftes. Und außerdem war der Zweitürer bestens in Schuss, an dem bis heute jedes Schweißgerät achtlos vorüber gegangen ist.

Der 1986er Mattig Prospekt  mit einem Ascona B Extremumbau gab den Steilpass, den Harald mit Hilfe seiner Kumpels in einen Volltreffer verwandelte. Man trennte die Seitenteile ab und klebte klassisches Karosserietuning in Form der Verbreiterungen an die hinteren Flanken und an die nachträglich angebauten Gfk-Kotflügel.

Auf der originalen Mattig Haube hinterließ ein befreundeter Airbrusher  das Motiv einer Iron Maiden LP, so wie es zur damaligen Zeit als angesagt galt. Eine Tauschhaube mit einem weiteren Motiv lagert in Haralds Garage. Die Cibie-Scheinwerfer sowie die passende Einfassung fand er im Angebot von Irmscher. Alle Übergänge der Kunststoff-Schürzen zu den Verbreiterungen, beziehungsweise den eingeklebten Schwellern zu den Verbreiterungen verschwanden unter einer Schicht Spachtelmasse. Tatsächlich trübt bis heute kein einziger Einriss das makellose Bild eines verbreiterten Youngtimers. Perfekt den Eindruck eines Klassikers unterstreichen die Mattig Stoßstangen, die allerdings einst als Extra geordert werden mussten. „Schweineteuer, dafür verdammt gut“, beurteilt Harald die über die Jahre standhaft gebliebene Qualität des Materials, dessen Oberflächen im modischen Achtziger-Look selbst heute noch überzeugen können. Das Diamandrot-Metallic ist ein Sonderlack aus einem Farbkatalog der damaligen Epoche. Selbst die hinteren ATS Fünfstern-Felgen in 11×15 Zoll sind umgeschweißte Sonderanfertigungen, die über Mattig speziell für dieses Auto in Auftrag gegeben wurden. Mögen den Laufflächen der Pirelli P7 ein langes Leben gegönnt sein. Für die beiden hinteren Gummis im Gardemaß von 345/35 erhält man einen Komplettradsatz in der Otto-Normalverbraucher Dimension.

Die Erfolge der Heck-angetriebenen Opels im Motorsport beeinflussten Generationen von Opel Fans. Die einen schwören auf schwere Reihensechszylinder, andere kitzeln die Kraft aus Zweiliter-Motoren heraus. Harald entschied sich für den Mittelweg. Er organisierte einen 2,4 Liter Motorblock des Omega A und vereinigte ihn mit einem von Steinmetz bearbeiteten Zylinderkopf des 2,0 E. Angelockt von der dBilas Filterbox wird die Luft zunächst und in zwei Solex-Doppelvergasern mit 45er Düsen vermischt und durch eine Irmscher-Brücke geschleust. Die Solex-Fabrik, ursprünglich mit 40er Düsen bestückt, ließ Harald auf 45er Durchlass umarbeiten. Die 318-Grad Nockenwelle ist sogar für Bergrennen geeignet, taugt weniger für Endgeschwindigkeit, sondern liefert Drehmoment in unteren Touren. Dass der Ascona sich nie im harten Sporteinsatz bewähren durfte, beweist der saubere und vor allem veredelte Motorraum mit Chrom und polierten Teilen. Den Klang liefert eine direkt an den Fächerkrümmer angeschlossene  Gruppe A Anlage von Lexmaul. Die Antriebskraft von gemessenen 158 PS wird via 9,5 Zoll Sintermetall-Kupplung und 5-Gang Getrag auf den Kardan übertragen. Die Hinterachse entspricht der ungesperrten Serienachse des 1,9N, nicht so die Bremsen, die Harald komplett auf die Performance des Rekord E 2,2 Liter umrüstete.

Der Innenraum demonstriert Alltagstauglichkeit anstatt sportlich-spartanischerem Ambiente. Auf dem Gestühl räkelten sich einst Insassen eines Manta B GSI der letzten Baureihe von 1985-87. Die Seitenteile stimmte ein Sattler mit den rot-schwarzen Sitzen ab. Auch die später mit Ascona-Schriftzug bestickten Teppiche stammen aus einem Manta B, allerdings aus Haralds ehemaligen 75er mit Berlina-Ausstattung. Ein Lenkrad mit minimalem Durchmesser wäre Unsinn bei diesen Breitreifen und vor allem ohne Servounterstützung, weshalb ein 36er Sportvolant aus dem Opel-Zubehör zum Einsatz kommt. Den Senator A Tacho ließ Harald bei VDO justieren und sogar die bis dato gefahrenen Kilometer angleichen. Zusatzinstrumente informieren über Volt und Öldruck. Des Asconas Losung kann nur „Erhalten“ lauten. Er ist ein Zeitzeuge des Breitbaus einem Zustand, wie man ihn nur noch selten zu Gesicht bekommt.

fotografiert beim Eintagestreffen der Opel Motorsport Freunde Nürnberg  in Langenzenn am 26. April 2009

Opel Ascona B (1982)

Motor: 2,4-Liter-Vierzylinder, (Motorblock Omega A, von Steinmetz überarbeiteter 2,0 E-Kopf), dBilas Filterbox, 45er Solex Vergaser, Irmscher Ansaugbrücke, Rennnockenwelle (280 Grad)

Auspuff: Lexmaul Fächerkrümmer, Lexmaul Gruppe A Edelstahl

Leistung (max): 158 PS

Kraftübertragung: 5-Gang-Getrag Getriebe, 9,5 Zoll Sportkupplung,

Vorderachse: Einzelradaufhängung, doppelte Dreiecksquerlenker, Stabi, Mattig Domstrebe,

Hinterachse: Zentralgelenk-Hinterachse mit zwei Längslenkern, Stabi

Federung (vo/hi): Mattig Federn / 60 mm (va), 45 mm (ha)

Dämpfung (vo/hi): Koni-Dämpfer

Felgen (Herst./Größe): ATS Classic Fünfstern / 9×15 ET -19 (va) , 11×15 ET -44 (ha)

Bereifung (Herst./Größe): Pirelli P7/ 225/50×15 (va), 345/50×15 (ha)

Bremsen(vo/hi): Rekord 2,2 Scheiben (va)/ Rekord 2,2i Trommelbremsen(ha)

Weitere Extras: Mattig-Umbau (Motorhaube, Kunststoff-Kotflügel, Seitenteile, Stoßstange mit Ecken, Heckflügel, Rückspiegel), Cibie-Scheinwerfer, VW Golf I Frontblinker, Lackierung: Diamandrot-Metallic

Interieur: Manta B GSI Innenausstattung, Senator A Tacho, 36er Opel Sportlenkrad, VDO Zusatzinstrumente, Manta B Teppiche, Türverkleidungen in Leder,

ICE: nicht notwendig

Text & Fotos: Heinz Bauriedel für Opel Flash 3/2012, reloaded am 7. August 2021
Erschienen auch in Opel Club & Trend 2/1998, Text und Fotos: Dieter Reimann