Edgar der Zweite ist, logischerweise, Nachfolger von Edgar dem Ersten. Warum der Erste sein Leben lassen und geschlachtet werden musste. Warum der für 400 Euro gekaufte, mit verschiedensten Ersatzteilen aufgebaute und mit Luftwahrwerk ausgerüstete zweite Edgar so aussieht, wie er aussieht. Das alles erzählt uns Robert Gramß.

Einst nannte Robert die Renault-Szene sein automobiles Zuhause. Mit seinem tiefbreiten, getunten  und gecleanten Clio mischte er bei den berüchtigten „extreme Steinsdorfing“ Veranstaltungen des Autohauses Dotterweich in Steinsdorf mit. Renault war spätestens dann Geschichte, als ein Golf 2 vor seiner Tür stand. Das Verlangen nach „alter Luft“ spülte wiederum einen Käfer ans Tageslicht. Der Käfer seines Kumpels Shorty heißt Ernst, weil ihn der TÜV-Ingenieur bei der Abnahme fragte: „Ist das ihr E(e)rnst? Also musste für Roberts Käfer ein Name her, damit neben Ernst kein Namenloser mit auf Tour geht. Warum der Name Edgar? Weil es gut klingt. Leider litt Edgar unter der schweren Krankheit Oxidationitis und löste sich stellenweise von selbst auf. Im Prinzip verlor Edgar sein Leben auf der Schlachtbank. Viele Organe sollten jedoch wieder verwendet werden, womit die Suche nach einem neuen Edgar seinen Anfang fand.

Die Technik des Airrides mit Kompressor, Lufttank, Ventile und der Kabelage verstecken sich hinter dem klappbareren Rücksitz. Die Einstellung ist so gewählt, dass der Käfer bei Null Bar Druck gerade noch fahrbar bleibt, was eine Bodenfreiheit von 15 mm bedeutet.

Den Kaufpreis haben wir bereits im Vorspann genannt. Der Zustand war dementsprechend: Frontschaden, Null-Ausstattung, keine Sitze, kein Motor, keine Achsen. Bingo! Immerhin war die grünlich-blaue Bastelbude namens Edgar II in Sachen Durchrostung besser in Schuss als Edgar I. Dennoch beginnt Robert bei der Auflistung mit einer 69er Bodenplatte, weil der Rahmenkopf der Mexiko-Platte beschädigt war. Also, Häuschen abgenommen und losgelegt. Getauscht wurde, was getauscht werden musste Hauben. Frontblech, Endspitzen vorne und neue Kotflügel montiert. Diese wurden jedoch von einem  Modell älter 1967 genommen. Der in roter und grauer Eigenmixtur lackierte 83er Käfer sollte keinesfalls auf erstem Blick als „Mexikaner“ erkannt identifiziert werden.

Mit 1,2 Liter Motor, konventioneller Tieferlegung, doch noch ohne Oldschool-Geplänkel gingen kommende Jahre vorüber, wobei die Differenz von Unterboden zur Fahrbahn jährlich schrumpfte. Irgendwann war das Geschoß nicht mehr vernünftig fahrbar und nur noch ein Luftfahrwerk konnte weiterhelfen. Neben der gekürzten CSP-Vorderachse mit Rasterplatten, sowie Tieferlegungsachsschenkel verbaute Robert Monroe HiJackers. Auch an der Hinterachse kommen Hijackers zum Einsatz. Die hinteren Drehstäbe fungieren nur noch als Halter für die ausgeschliffenen Federnschwerter. Die Elektrik und Druckschläuche verlaufen im Heizkanal durch Leerrohre aus dem Teichbau.

Zu müde quälte sich der 34 PS Boxer bergauf. Die Lösung fand Robert in dem 1,6 Liter, der aus einem Cabrio kannibalisiert wurde. Um die Leistung über 50 PS langfristig zu gewährleisten, gingen Wartung und Optimierung des Boxers Hand in Hand. Bei 120 km/h setzt das kurze Vierganggetriebe der „Raserei“ einen Schlusspunkt. Scheibenbremsen vorne und die hinteren Trommeln wurden, sowie die komplette Mechanik, erneuert oder überarbeitet. Dank der schmalen  Vorderachse bleibt der Kombination aus 4×15 Stahlfelgen und 145/65er Bereifung viel Platz unter den Kotflügeln.

Ebenso hinten, wo bei extremer Tieferlegung dank Pendelachse der negative Sturz die 165/65er Räder in den Kotflügel eintauchen lässt. Mooncaps und Weißwandringe haben einen großen Anteil an der gelungen Optik des Mexikaners, dessen Herkunft am Kunststoff des Armaturenträgers erkennbar bleibt. Auch im Innenraum geht Individual vor Original. Tiefergelegte 1303er-Sitze erleichtern Roberts Position vor dem hölzernen Momo-Lenkrad. Nützliches und Unnützes ergeben ein buntes Bild.

Man kann von Mixturen jenseits der Originalität halten was man möchte, eigener Geschmack ist das was zählt. Die Hauptsache: Ein Käfer wurde gerettet. Und wer bei Oldtimer-Treffen die Betrachter dieses Individuums  mustert, kommt unweigerlich zur Feststellung: Edgar der Zweite muss ein schöner Käfer sein.

VW Käfer Mexiko, Baujahr:  1983

Motor:  1,6 Liter Boxermotor, Solex 34 Vergaser mit geänderten Düsen

Auspuff:  Serie (J-Rohre keine Wärmetauscher)

Leistung:  50 PS

Getriebe:  4-Gang Schaltgetriebe

Fahrwerk:  va: gekürzte CSP-Vorderachse mit Rasterplatten, Tieferlegungsachsschenkel, Monroe Hijackers, ha: Pendelachse, Drehstäbe um 2 Zähne verstellt, Federschwerter ausgeschnitten, , Monroe Hjacker, Kompressor, Lufttank und Steuerventile von null-bar

Bremsanlage:  Scheiben/Trommeln

Felgen:   Stahlfelgen mit Mooncaps, 4×15, 5,5×15 Zoll

Reifen:  (Nankang), Ravus Weißwandringe, 145/65×15, 165/65×15

Karosserie:  67er Kotflügel,  67er Motorhaube, liegende Scheinwerfer,  Ausstellfenster hinten, Sunvisor, 67er Zweikammer-Rückleuchten,  Lackierung Eigenmixtur

Interieur:  1303er Sitze tiefergelegt, Momo JL36 Lenkrad, Airride-Technik hinter der Rücksitzbank

HiFi:  Pioneer im Handschuhfach

Sonstiges:  Dachgepäckträger vom Sperrmüll, historische Bürgerbräu Hof Holzkiste

Besonderer Dank geht an: Stefan für die Schweißarbeiten und das Auto, Flo, Shorty und allen anderen die mir geholfen haben e

michael kolb für VW Scene 6/2018, reloaded am 2. August 2021