Jochen Spörl baute seinen „Wüstenfuchs Rommel“ genannten 911er eigentlich für endlos lange Schotterstrecken in Schweden. Doch wo er auch immer mit seinem Porsche auftaucht, sorgen beide für Aufsehen und ausreichend Gesprächsstoff.

Jochen ist ein „oberfränkischer Skandinavier“. Er liebt den Norden. Er liebt die Leute, die Tiere und selbst den Schotter auf den schwedischen Pisten. Er mag es, wenn die Steine am Unterboden prasseln, das man im Inneren sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Auf einer überlangen Etappe in einem vierradangetriebenen Geländewagen überfiel ihn schlagartig die Idee, dass ein leichter, heckangetriebener Porsche das bessere Fahrzeug für derartige Unternehmungen wäre. Durch Recherchen im Internet stieß er auf Dr. Erik Brandenburg, der bereits mit höhergelegten Porsche praktische Erfahrungen gesammelt hatte. Es entwickelte sich eine Freundschaft zwischen zwei Extremisten im positiven Sinne. Dr. Brandenburg hatte gerade einen „Martini Porsche“ für Afrika-Touren in Angriff genommen, als Jochen den Arzt und Rettungsmediziner mit einem ganz besonderen Wunsch überfiel: Ich will diesen Porsche!  Er konnte Dr. Brandenburg tatsächlich davon überzeugen, ihn den bereits an Karosserie und am Fahrwerk auf harte Pisten vorbereiteten Rohling zu überlassen. Jochen und sein Kumpel Martin vollendeten den Porsche nach ihren eigenen Vorstellungen.

Große Räder aus dem Offroad-Bereich für und die von Dr. Brandenburg mit Bilstein-Spezialdämpfern entwickelte Höherlegung bis zu 34 cm Bodenfreiheit sind das A und O für unbefestigte Wege. Sichtbar vergrößert zeigen sich alle Radhäuser, die mittels kunstvoller Blecharbeiten an Breite und Tiefe zulegten. Auch im Inneren des Radhauses steht die Raumgewinnung an erster Stelle, vor allem an der Vorderachse, um Lenkeinschläge schmerzfrei betätigen zu können.

Die Fuchs Felgen in der Dimension von 6,5×16 sind nicht außergewöhnlich, die Reifen zeigen mehr Gummi als gewöhnlich. In der Größe 205/80R16 gelten die unverwüstlichen Michelin-Reifen als typische Bereifung für Geländewagen und Kleinlaster. Unabdinglich ist die hinter der vorderen Stoßstange sitzende Seilwinde. Befestigt an einem Baum kann man das Fahrzeug zum Reifenwechsel hochheben, ohne dass dafür manuell zu betätigende Wagenheber notwendig wären. Von Hilfeleistungen für andere Teilnehmer gar nicht zu sprechen. Die gelochten Stoßstangen sind eine Hommage an Rallyefahrzeuge des Hauses Porsche und deuten an, dass unnötiges Gewicht möglichst vermieden wird „Man munkelt ja, dass sogar die Tachonadel innen hohl gewesen sein soll“ witzelt Jochen. Porsche hat beim „Safari“ einen ziemlich simplen Dachträger mit Stahlrohren aufgeschweißt. Im Frankenwald hingegen besann man sich einer besseren Lösung.

Der von Jochen entwickelte Dachträger wurde von der Firma Gebelein (Naila) aus 4mm Alu mit Laser geschnitten und exakt auf Dachmaß des G-Modells gekantet. Man kann sogar das Fahrzeug am Dachträger ohne Beschädigungen anschieben. Im Gegensatz zu den neuen „Oldschoolern“ befindet sich hier ausschließlich Notwendiges auf dem Dach. In der BW-Sanitätskiste findet man eine Zeltplane, eine Rolle Toilettenpapier und das skandinavische Zahlungsmittel für besondere Fälle: Mindestens eine Flasche Whisky. Ein stets gefüllter Reservekanister und ein Campinghocker nutzen den restlichen Raum auf dem Aluträger. Normalerweise dient der auf der Heckklappe befestigte Spaten der US-Army. Er ist der Kult-Spaten schlechthin, verrät uns Jochen, der ihn wie die kämpfende Abteilung zum Vergraben des allmorgendlichen Geschäftes verwendet. Kult auch wie die Lackierung. Khakigrau RAL 7008, die Farbe des Afrikacorps 1943/44. Die Lackiererei Schwarzer aus Naila hat es szenegetreu hinbekommen.

fotografiert im Steinbruch Hadermannsgrün/Frankenwald am 10. September 2016

In einem Blog „eisenmonster.de“ erzählt Jochen Erlebnisse seiner Touren. Erst im vergangenen Juli rasselte er durch Schweden für einen „nur“ 3800 Kilometer langen Trip. Er erzählt von Schotterpisten bester Qualität, von achterbahnartigen Wellen in den Kurven und jeder Menge Staub im Rückspiegel und natürlich von Elchspuren. Immer wieder packt er die Drohne aus, um von oben den Streckenverlauf zu erkunden. Der vordere Unterbodenschutz bewahrt den Tank vor Einschlägen. Auch das Getriebe wird dank einer Alu-Platte von Steinen geschützt.

„Der 3,2 Liter Boxer ist sowieso der beste luftgekühlte Motor, den Porsche je gebaut hat“ schwört er. Mittlerweile hat die erste Maschine 350.000 Kilometer abgespult, braucht fast kein Öl und bleibt trocken. „Die Qualität ist erstaunlich“, fügt Jochen hinzu, denn abgesehen von der üblichen Wartung benötigt der 3,2 Liter keine außergewöhnlichen Maßnahmen. Das Getriebe ist in der Gesamtübersetzung verkürzt, der fünfte Gang jedoch verlängert. Du steigst früh um 8 Uhr ein und bretterst 10 Stunden problemlos durch die Wildnis. Die Sitze des Porsche Turbo sind unschlagbar, gebaut für lange Touren. Wie der Becker Mexico. Jeder andere Radio würde gemäß des „das ist kein Jim Beam“ Werbespots von Jochen aus dem Schacht herausgewischt werden. Mit AC/DC und Led Zeppelin via „line in“ werden prasselte Schottergesteine locker übertönt

Porsche 911 Carrera (G-Modell 1984)

Karosserie: Stahlblech, selbsttragend, Coupé, 2 Türen, vergrößerte Radhäuser, gelochte Stoßstangen, elektrische Seilwinde, Cibie-Scheinwerfer, Dachgepäckträger Gebelein Naila, Lüftungsgitter Eigenbau, US-Army Spaten, Unterfahrschutz hinten (Getriebe) und vorne (Tank), Lackierung: Khakigrau RAL 7008, Afrikakorps 1942/43 (von Schwarzer Naila),

Interieur: Porsche Turbo Sitze im Used Look, Becker Mexico mit „line in“ Eingang für iPhone, 33er OMP-Lenkrad

Motor: 6-Zylinder Boxer, luftgekühlt, Hubraum: 3164 ccm, Bohrung: 95 mm, Hub: 74,4 mm, Verdichtung: 10.3:1, Motorleistung:  231 PS

Abgasanlage: modifizierte Serie

Kraftübertragung: Heckantrieb, gekürztes 915-Rallye-Getriebe mit langem 5. Gang, (Patutschnik) 40% Sperre

Radaufhängung (vorne): Einzelradaufhängung an McPherson-Federbeinen, Querlenker, Stabilisator, Bilstein Spezial (Lizenz Brandenburg)

Radaufhängung (hinten): Einzelradaufhängungen an Schräglenkern, Stabilisator, Bilstein Spezial (Lizenz Brandenburg)

Bremssystem: hydraulisch betätigtes Zweikreis-Sicherheitssystem, innenbelüftete Stahlscheiben umlaufend

Räder:  6,5 x 16 Zoll Fuchs Felgen, Michelin 205/80 R 16

Michael Kolb für Porsche Scene 12/2016, reloaded unter dem Originaltitel „Wüstenfuchs“ am 1. Juli 2021