Selten bleibt ein Fahrzeug nach so vielen Jahren und Besitzerwechsel im gleich bleibenden Zustand. Dieses Coupé ist ein Ausnahmefall – da vom Kennzeichen abgesehen – es auf allen Ebenen in der damaligen Form durchgehalten hat. Wer die Opel Flash 11/1997 zur Hand hat, kann den Status Quo bestätigen.

Erstveröffentlichung in Flash 11/1997, Text & Fotos: Gerald Sandrieser

Dass der Reinhold Trummert dieses Coupé im Internet gefunden hat, ist auch schon wieder 10 Jahre her. „Des woa in Gfreees gschdandn“ fränkelt er und meint damit den Standort in Gefrees, in einer Stadt an der A9, nicht allzu weit von seinem Heimatort Creußen entfernt. Das Coupé parkte sogar noch beim ehemals in Münchberg wohnenden Vorbesitzer Udo S., mit dem unser damaliger Mitarbeiter Gerald Sandrieser den „Kadett der Königsklasse“ unter Dach und Fach brachte. Reinholds Beziehung zum C Coupé ist eng mit seinem Beruf Kfz-Mechaniker verbunden, in dessen Ausführung er die Innereien des beliebten Opels in- und auswendig lernte. Nach eigenem Geschmack neu aufbauen oder den Zustand so belassen? Er entschied sich für letzteres. Schließlich ist das Auto nach wie vor in hervorragendem Zustand und soll als Zeitzeuge der wilden Zeit mit dieser Verlaufslackierung so bleiben, wie es Udo aufbauen lassen hat. 

Und es fällt der Name „Freddy Schütz“, dem überregional bekannten Slalompiloten, der sich mit Tuning von cih-Motoren auskannte wie kein Zweiter. Kurz vor dessen Tod trafen sich Freddy und Reinhold beim Oldtimertreffen in Thurnau. Freddy, der in Auftrag von Udo den Motor auf Basis des 2,0 E mit 110 PS aufgebaut hatte, konnte sich noch genau an die Fakten erinnern.

Mittels Übermaßkolben erweiterte Freddy den Hubraum auf 2,1 Liter und machte dem Triebwerk mittels klassischem Tuning wie scharfer Nockenwelle, erleichtertem Schwungrad und optimierten Ventilen Dampf im Kessel. Die im Leerlauf schlürfende und saugende 45er Weber Fabrik ist die Musik in den Ohren, die Opel Fans am meisten lieben. Ab welcher Temperatur soll der E-Lüfter anspringen? Diese für den Motor überlebenswichtige Entscheidung wird über eine Schaltuhr im Motorraum eingestellt, die Reinhold vorsichtshalber selbst installiert hat. Laut Freddys Auskunft soll die Leistung irgendwo bei 155 PS liegen, wobei er selbst keine Messung durchgeführt hat. In Verbindung mit dem 5-Gang ZF Getriebe und dem Mantzel Fahrwerk mit Koni-Dämpfer wäre der Kadett durchaus fit für den Slalom-Parcours.

Vorbesitzer Udo nahm keine schnellen Kurven im Wettbewerb in Angriff. Sein C Coupé feierte Erfolge bei Opel Treffen, wobei es eine stattliche Anzahl an Pokalen einfuhr. Der Zeitgeist der Neunziger begeistert noch heute die Juroren bei Treffen. ATS Klassiker in 8×13 Zoll mit 175/50 er Bereifung, eingepfercht in dezent überarbeitete Radkästen nach dem Motto „tief und breit“ und freilich der die Augen fixierende Lack, mattschwarze Stoßstangen und tiefschwarze Gläser notieren Bewerter und Besucher gleichermaßen auf der Plus-Seite.

man beachte die narrische Zeituhr

Und du die öffnest die Türen und wieder springt dir der Zeitgeist in die Pupillen. „Typisch gute alte Zeit“, denkt sich der mit Heckantrieb aufgewachsene Opelaner und bemerkt das Chevelle Cockpit aus dem Opel der Kadett C Serie mit abgeflachter Schnauze, dessen Erfolge äußerst bescheiden blieben. Und selbst die Jungfüchse gewinnen dem engen Interieur mit schmalen König-Sportsitzen und kleinen Sportlenkrad  Respekt ab. Von Udos Kumpel Stefan Dietel stammen einige Ideen, geben wir aus der fast 20 Jahre alten Flash weiter: Der Umbau zum 2-Sitzer mit Riffelblecheinlagen im Rückraum und den mit Diagonalstreben erweiterten Heigo-Käfig. Eigentlich ist die von Udo installierte Car Hifi-Anlage total unnötig, da die Musik vom Motorraum und vom Auspuff her kommt. Um übrig bleibende Löcher zu vermeiden, beließ Reinhold  es beim mehr oder weniger nutzlosen Krachmacher. Andererseits verlangte der Überwachungsverein die Deinstallation der 120 dB lauten Gruppe A Anlage, die von einer weniger brutal klingenden Lexmaul Anlage ersetzt werden musste.

Nach wie vor vermeidet Reinhold jegliche sportliche Aktivitäten mit dem eigentlich wie dafür geschaffenen Coupé. Einerseits ist es eine Erinnerung an Freddy Schütz. Andererseits ein bei Opel Treffen immer wieder gerne gesehenes Fahrzeug aus der glorreichen Zeit der Heckantriebler.

Opel Kadett C Coupé GT/E (1979)

Motor:  cih-Reihenvierzylinder 1956 ccm (original 2,0E), Übermaß-Schmiedekolben (2,1 Liter), 296 Grad Schrick-Nockenwelle, 42/45er Ventile, erleichtertes Schwungrad, K&N Luftfilter, 45er DCOE Weber Doppelvergaser, Kenlowe Temperatureinstellung für E-Lüfter

Auspuff: Lexmaul  Auspuffanlage

Leistung (max): 155 PS

Kraftübertragung: 5-Gang von ZF (0,87er)

Vorderachse:  Einzelradaufhängung an Doppel-Querlenkern

Hinterachse:  Zentralgelenk-Starrachse, Längslenker, verstellbarer Panhard-Stab, Stabi

Fahrwerk (va/ha):  Mantzel Fahrwerksfedern, Koni Dämpfer

Felgen (Herst./Größe): ATS Classic Stern 8×13 ET1

Bereifung (Herst./Größe):  Dunlop SP2000 / 175/50 R13 (195/45R13 ebenfalls eingetragen)

Bremsen(vo/hi): Scheiben (innenbelüftet) 246×20/ Trommeln

Weitere Extras: schwarze Blinker, Rote Rückleuchten, schwarze Stoßstangen mit perleffekt, rot-schwarze Verlaufslackierung

Interieur: Raid Lenkrad, König Schalensitze mit Schroth-Gurte, Heigo Überrollkäfig mit Diagonalstrebe, Jamex Pedalauflagen, Chevelle Cockpit mit roter Instrumentenblende und weißen Zeigern, Riffelblech an Cockpit, Türverkleidungen und im Heckraum

ICE: vorhanden, aber nicht benötigt

Danksagung: Freddy Schütz posthum

fotografiert am 24. Mai 2015 beim Opeltreffen in Pegnitz
Text & Fotos: Heinz Bauriedel für Opel Flash 2/2016, reloaded für Tuningcars am 25. Juni 2021