Groß war die Auswahl an Vorstandsautos bei Audi nicht, damals im Jahr 1990. Der Audi V8 mit 3,6 Liter 32-Ventilmotor, optimalerweise mit verlängertem Radstand, galt als Krönung, angesiedelt allerdings knapp unterhalb der 100.000 DM-Schmerzgrenze. Ungefähr 20.000 Mark weniger musste man für einen serienmäßigen Audi 200 Quattro Turbo mit 20 Ventilen in die Tasche greifen. Einer dieser Geschäftswagen mit Top-Ausstattung verblieb in Ingolstadt, aber nur solange bis Klaus Fröhlich im Jahr 1993 Wind davon bekam. Seither hegt und pflegt er das 50.000 DM günstige Schnäppchen, das sich heute noch im Quasi-Neuwagenzustand befindet.
30 Jahre sind doch für einen Audi kein Alter! Zumindest wenn man seine eigenen Grundregeln einhält. Bevor das Öl seine Betriebstemperatur erreicht hat, wird er nur gestreichelt. Wartung geschieht im hauseigenen Tuningbetrieb von René Rumler, in dem Klaus als Co-Geschäftsführer tätig ist. Für Winterbetrieb benutzt Klaus einen „Winter-200er“, während diesem hier ein warmes und trockenes Plätzchen sicher ist.
Fast alles was die Aufpreisliste damals hergab, findet man in diesem Audi. Glücklicherweise keine Voll-Ledersitze, bemerkt Klaus, der die im Hochsommer ungefährlichen Sitzflächen aus Stoff vorzieht. Im Vorstand schätzte man die Vollausstattung wie Memoryfunktion der Sitze und Klimaautomatik. Was heute als Selbstverständlichkeit gilt, waren vor 30 Jahren sensationelle Dinge. Nicht zu vergessen, das optionale Stahlschiebedach sorgt bei aktuell ziemlich heißen Sommern für frischluftige Abkühlung. Mit den serienmäßigen Felgen á la Gullydeckel konnte er sich nicht anfreunden und entschied sich für 8×16 Zoll Abt Speedline Felgen im ab-1992er-Design mit großem Felgendeckel, die von 245/45 Contis umgarnt werden. Wer Klaus auf Monsterräder und extreme Tieferlegung anspricht, ist an der falschen Adresse. Harmonisch muss es aussehen und in erster Linie fahrbar sein. „Made in Germany“ steht auf den eingewechselten Bosch-Scheinwerfern, sowie auf den dunklen Heckleuchten von Treser. Die Frontstoßstange mit integrierten Nebelscheinwerfern allerdings gehört zur US-Ausstattung. Es gilt: Einen Klassiker verbastelt man nicht.
Nach ungefähr 140.000 Kilometer ließ Klaus den Motor überarbeiten, ohne dass ein Schaden dazu gezwungen hätte. Um den Block kümmerte sich die Zylinderschleiferei Reißenweber, in der unter anderem alle Lager gegen stärkere getauscht, Stahlpleuel eingesetzt sowie die Kurbelwelle gewuchtet wurde. Der Zylinderkopf verblieb im Haus, sprich wurde von Geschäftspartner René bearbeitet. René hatte schon vor über 10 Jahren seinen 200 RS auf eine gemessene PS-Zahl jenseits der 800 gepusht und sein Hobby zum Beruf umfunktioniert. Gerade er weiß, dass die Wahrheit im Getriebe liegt. In diesem Fall im modifizierten 6-Gang Getriebe des Audi V8. Weil jener eine spezielle Ölkühlung sein Eigen nennt, wollte man keine halben Sachen machen und rüstete ebenfalls auf Ölkühlung um. Im Prinzip standen Technik und Mechanik auf dem „imaginären“ Prüfstand. Nur das Auto noch nicht auf dem Leistungsprüfstand, da Abstimmungsarbeiten noch anstehen. Lediglich die Karosserieform erinnert daran, dass dieses Fahrzeug vor 30 Jahren zugelassen wurde. Nicht wenige Audi Fans behaupten: Der 200 gehört zum Besten, was Audi je auf den Markt gebracht hat. In diesem Fall kann man die Aussage „besser als Original“ so stehen lassen
Audi 200 Quattro Turbo 20V, Baujahr 1990
Motor: 5-Zylinder, 20V, DOHC, 2226 ccm, Garrett Turbolader, frei programmierbares Steuergerät, RS2-Stahlpleuel, verstärkte Lager, Mahle Schmiedekolben, Catcams Nockenwelle, gewuchtete Kurbelwelle, Setrab Ölkühler, Wagner Ladeluftkühler, Leistung (max): > 220 PS
Kraftübertragung: permanenter Allradbetrieb, ölgekühltes 6-Gang Schaltgetriebe mit langen 6.Gang, Sachs Sportkupplung, Fidanza Aluschwungrad, selbstsperrendes Heckdifferenzial
Auspuff: Fox Edelstahlanlage
Fahrwerk: H&R Sportfedern, Koni Stoßdämpfer
Bremsen: va: HP2-Scheiben, ha: innenbelüftete Scheiben (Serie)
Felgen (Herst./Größe): BBS (Abt Speedline)/8×16 Zoll
Reifen (Herst./Größe): Continental ContiSportContact/245/45×16
Karosserie: Stahlschiebedach, US-Frontstoßstange mit integrieren Nebelscheinwerfer, Treser Heckleuchten
Interieur: Audi Sportlenkrad, elektrisch verstellbare Ledersitze mit Stoff-Sitzschalen und Memory-Funktion, Klima-Automatik, Kassettenhalterung