Ab und zu verirren sich hochkarätige Rallyefahrzeuge zu Tuningtreffen. Mark Schindlers 67er Escort MK II zog wegen brachialer Lautstärke zunächst alle Ohren auf sich. Dann die Augen. Anschließend die Objektive. Wie viel  Aufwand steckt eigentlich in einem „privaten Wettbewerbsfahrzeug“ weit jenseits jeglicher Werksunterstützung.

Das kleine Treffen auf dem Gelände des ehemaligen Toyota-Händlers Herpich lockte nicht nur die Capris des „Capri Club Frankenwald“ an. Plötzlich wurde es lauter. Eine kaum definierbare Mischung aus Trompeten, Rasseln, Tackern und Sirren erfüllte die Luft. „Den größten Krach macht das sequentielle 6-Gang Getriebe“ erklärt Mark.

fotografiert am 1. August 2010 während des Car&Sound-Tuningtreffens beim Autohaus Herpich in Helmbrechts

Zu seinen Wettbewerbsfahrzeugen zählte sogar ein Gruppe A Escort Cosworth, bevor er aus beruflichen Gründen in den Youngtimer Sektor einstieg. Mark erwarb im Frühjahr 2009 den bereits zum Rallyefahrzeug umgerüsteten Escort RS 2000. Nach einem Motorschaden bei der Rallye Fränkische Schweiz im folgenden Oktober entschloss sich sein Team zum totalen Neuaufbau des in der Klasse H14 startenden Fahrzeugs.

Basis des Triebwerks bildet ein 205er Pinto-Block aus dem RS2000, der im Prinzip identisch mit dem des Sierra Cosworth ist. Fast alle leistungs-steigernden Elemente sind englischen Ursprungs, nicht zuletzt weil auf der Insel Ford im Rennsport eine wesentlich bedeutender Rolle spielt. „Der Block muss in der Gruppe H14 der Serie entsprechen“, erklärt Mark und fügt hinzu, dass der Aufbau des Zylinderkopfs keinem Reglement unterliegt, weshalb im Prinzip der Kopf dem des Escort Cosworth Turbo übereinstimmt. Das Steuergerät für die Renneinspritzung ist identisch mit dem des Escort WRC und kann während der Fahrt via Laptop Daten zur Auswertung übertragen und sogar umprogrammiert werden. Letzteres ist im Wettbewerb freilich wenig sinnvoll. Die in vielen Testfahrten herausgefilterte Grundeinstellung wird nicht verändert. Es besteht kein akuter Handlungsbedarf, das der Escort weder bei Bergrennen noch im Slalom eingesetzt wird.

Wichtigste Informationsquelle ist das Kombiinstrument von AIM mit integrierten Datenlogger, das alle Instrumente außer der Tankanzeige ersetzt. Bei der Sicherheit geht Mark keine Kompromisse ein, denn die bis zu den Domen reichende, selbst geschweißte Überrollzelle zählt der Gruppe H14 nicht zum Pflichtprogramm. 

Die meisten Komponenten in einem Rallyefahrzeug sind keine „Einzelkinder“, sondern teilen sich den Einsatz meist Marken-übergreifend. „Den größten Krach macht das sequentielle 6-Gang Getriebe“ erklärt Mark und fügt hinzu, dass das gradverzahnte Dogring-Getriebe von Elite Racing nach Anpassung der Glocke und Kardanwelle in weiteren Fahrzeugen verbaut werden könne, wobei hier die Übersetzung des 6. Gang auf 210 km/h ausgelegt wurde. Der Schalthebel liegt direkt am Getriebe an, das sich bei Volllast ohne Kupplung hochschalten lässt. Die Vernichtung der überschüssigen Energie wird einer ausgefeilten Bremsanlage überlassen, deren Synchronisation auf die Waagebalken-Pedalbox vom Lenkrad aus gesteuert werden kann. Die Fly-off Handbremse unterbricht die nach hinten führende Bremsleitung, nach deren Betätigung der hintere Bremskreislauf geschlossen wird, womit enge Kurven abgekürzt werden können. Die Vierlenker-Hinterachse stammt aus dem Capri und nennt sich Köln-Achse. Die hinteren Dome wurden komplett herausgetrennt und von stehenden Domen sowie stehenden Federbeinen ersetzt. Die Unruhe der angetriebenen Hinterachse zähmt ein Wattgestänge.

Neben der Leistung steht das Abspecken des Gewichts im Mittelpunkt. Abschraubbare Teile wie Hauben und Stoßstangen bestehen aus Karbon und stammen wie die vernieteten und verspachtelten Verbreiterungen größtenteils aus England. Außer der Front sind alle Scheiben aus Makrolon. Laut Reglement des  DMSB muss ein 16-Ventiler in der Gruppe H14 mindestens 950 Kilogramm auf die Waage bringen. Das nackte Kampfgewicht des Escorts liegt bei ca. 980 kg, die mit ungefähr 270 PS im Wettkampf antreten. Die Gegner sind stets „alte Bekannte“ wie BMW E30 M3, Kadett C Coupé oder Peugeot 205 GTi. In der ersten Saison war das Fahrzeugs kennen zu lernen und ohne Schaden anzukommen oberste Priorität. Nun gilt es, das Treppchen ins Visier zu nehmen

Ford Escort MK II RS 2000 (1967), umgerüstet für Gruppe H14

MOTOR: Reihenvierzylinder 16V-DOHC, 1998 ccm (205er Block), Zylinderkopf Cosworth-Turbo, Arrows Kurbelwelle, Arrows-Pleuel, Schmiedekolben Spezielanfertigung, Ventile von Burton (GB), Jenvay-Renneinspritzung, frei programmierbares Pectel-Steuergerät, Samco Schläuche

AUSPUFF: Bradley Fächerkrümmer, 76mm Edelstahlauspuffanlage mit 200 Zeller Rennsportkat teils Eigenbau

GETRIEBE: Sequentielles 6-Gang Dogring-Getriebe (Elite Racing), 3-Scheiben AP-Racing Kupplung mit erleichterter Schwungscheibe 3Kg

FAHRWERK: VA: Escort WRC Querlenker und Schubstreben , Proflex Federbeine 3 Fach verstellbar mit

Aludomlager Uniball , Kurze Lenkung 2,5 Umdrehungen bis Volleinschlag , Grp 4 Vorderachsträger

mit Motorhalter, HA: Köln Hinterachse 4,60 mit Vierlenkeraufhängung, Uniball gelagert, Wattgestänge, stehende Proflex-Federbeine, 3-fach verstellbar mit Uniball Alu-Domlager

BREMSEN: Va. 6-Kolben Willwood-Sättel mit 310er Scheiben, Ha: 4-Kolben Willwood Sättel mit 265er Scheiben, Waagebalkenbox im Innenraum, hydraulische Fly-off Handbremse , Bremskraftverstellung vom Innenraum aus für Vorder-  und Hinterachse

RÄDER: Revolution Wheels in 7×15, 8×15 , 195/50R15, 205/50R15, 225/50R15

KAROSSERIE:  Karbon-Karosserieteile ( Fronthaube, Heckklappe, Stoßstangen, Lufthutze), Makrolon Heck- und Seitenscheiben, Verbreiterungen Grp 4, 980 kg Leerewicht,

INTERIEUR: Homologierte Recaro-Sitze mit 4-Punkt Gurten, geschüsseltes OMP-Lenkrad, AIM-Anzeige mit Datenlocker, Terratrip Rallyecomputer, selbst geschweißte Überrollzelle,

Michael Kolb für Ford Drive 3/2011, reloaded für Tuningcars am 10. Juni 2021