Nicht nur das Franz Mühlhuber seinen 83er Escort XR3i im Tuning-Stil der 80er Jahre aufgebaut hat, sein Interieur überrascht sogar mit einem altem Röhrenfernseher. Und unter der Haube kommt die Technik des RS1600i zum Einsatz.

Die Achtziger hatten es wahrlich in sich. Monströse Breitbauten mit ausladenden Spoilern galten als absolutes Highlight. TransAm-Hutzen auf der Motorhaube, aus denen Vögel das Regenwasser pickten, und Heckjalousien, die ein Fließheck wie Godzillas Rückenpartie aussehen ließen. Nein, übertriebenes Godzilla-Tuning lag nicht im Sinne des selbstständigen Kfz-Pflegers. Ehr ein zeitgenössisches Retro-Layout, das mit der Trapezform eines 83er Ford Escorts harmoniert. Der vor acht Jahren gebraucht gekaufte Escort wies einen Top Zustand auf, besaß Leichtmetallfelgen, ein tiefergelegtes Fahrwerk und hielt einen Zastrow Spoiler dem Wind entgegen.

Die schwarzen Scheinwerfer der Capris hatten Franz schon immer fasziniert. Doch woher stammen die Scheinwerfer? Des Rätsels Lösung fand er bei seinem Kumpel, einem ehemaligen BMW M3 E30 Piloten. Ehemalig deshalb, weil dessen M3 während einer Rallye eine Kurve missachtete und nach diversen Rollen seitwärts liegen blieb. Die Doppelscheinwerfer hatten die Rollen überlebt, passten jedoch so einfach nicht an den Escort. Franz stöberte bei Eichberg den letzte Umbausatz in Form von Trägerplatten auf und orderte später die dazugehörenden Blenden, um die „black optik“ mit einem „bösen Blick“ zu garnieren.

Ungefähr sechs Wochen dauerte die Umrüstung des Zastrow-Frontspoilers zum „Mühlhuber Design“. Die Einfräsungen für Nebenscheinwerfer und Lüftungsschlitze, sowie die aus Balsaholz bestehenden und mit GFK überzogenen Querstreben verdeutlichen den Aufwand. Der untere Abschluss gebührt einer ganz besonderen Frontlippe, die von Franz aus dem oberen Teil aus der Stoßstange des besagten BMW E30 geschnitten hatte. Selbst das Schaffen eines Kumpels bei einem GM-Händler floss in den Escort ein. Die Hutze auf der Haube ist ein Reklamations-Rückläufer eines Isuzu-Trooper Fahrers und das Airbrush darauf entstand in 12-stündiger Teamarbeit mit Airbrusher Horst Hoffmann. Die Rückspiegel im M3 Design montierte Franz auf den original Adaptern, die natürlich zunächst von den Ford-Spiegeln befreit wurden.

Der Dachspoiler stammt aus dem Verkaufsprogramm von Zastrow, einem ehemaligen Alfa Händler und Tuner aus Kranenburg. Daneben zählte auch Kamei zu den typischen Lieferanten der Achtziger. Die Schweller und die Heckschürze stammen vom  „Erfinder des Spoilers“ aus der Autostadt Wolfsburg. Den Unterbau der Heckschürze trennte Franz aus einer BMW E46 Frontlippe. Leute, es gab Zeiten, in denen das RH Classic Line Rad in 7×15 Zoll als Sensation gefeiert wurde. Das tun wir jetzt auch mit dem Hinweis, dass die Radlaufkanten umgebördelt geblieben sind, weil Niederquerschnitts-215/45 Reifen anstatt hoher 195/50er montiert wurden.

Franz wohnt in Kolbermoor. Opel Fans assoziieren diese Stadt mit Hubraum und Hunderten von Pferdestärken für ihren Blitz, doch auch ein Ford darf in Kolbermoor mehr als das Übliche haben. Zum Beispiel einen optimierten 1,6 Liter Vierzylinder des XR3i, der mit dem Kopf des RS 1600i bestückt wurde. Diese Kombination funktioniert perfekt, zumindest nachdem man die die leidige Zündanlage mit den anfälligen Zündboxen des RSi bei Seite gelassen hat. Auch die Auspuffanlage ist nicht ohne Klang und Drang. An den CSC Fächerkrümmer schießt sich eine CSC Anlage ohne Katalysator an.

Das Cockpit ist ein wahres Eldorado für Instrumenten und Dioden-Freaks. Begonnen beim Plasma-Tacho, über LED Lauflichter bis zu den nicht mehr erhältlichen SPS Instrumenten steht Information im Vordergrund. Der Röhrenfernseher funktioniert dank terrestrischer Antenne, genauso wie das Festnetztelefon Marke Bosch aus dem Jahr 1989 sich in bester Form befindet. Frau und Auto – beide brauchen die gleiche Pflege, spricht unser Elektronikfachmann. Uns interessiert nicht, wie er seine Frau pflegt, doch in Sachen Auto meint er es ernst. Trotz 07er Kennzeichen besitzt der Escort einen gültigen TÜV, da er kurz vor Verfall des Briefes für einen Tag angemeldet und vorgefahren wird.

fotografiert am 17. Juni 2006 beim Treffen des Ford Team Oberpfalz in Poppenreuth

Ford Escort XR3i MK3, Baujahr 1983

MOTOR: 1598 ccm Reihenvierzylinder, KW-Luftfilter, Zylinderkopf RS 1600i, 120 PS

AUSPUFF: CSC Fächerkrümmer, CSC Auspuffanlage

GETRIEBE: 5-Gang Getriebe mit Sinter-Sportkupplung

FAHRWERK: Koni Komplettfahrwerk (gelb, 40/40mm)

BREMSEN: Scheiben/Trommeln

RÄDER: in Wagenfarbe lackierte RH Classic Line in 7×15 Zoll ET 30, 215/45-15 Dunlop

KAROSSERIE: Hella-Umbausatz mit BMW M3-E30 Scheinwerfer in black optik, Eichberg Blenden, modifizierter Zastrow Frontspoiler mit Nebler, BMW E30-DTM Lippe, in.pro Blinker, Isuzu Trooper Hutze, Hauben-Airbrush by Hoffmann, M3 Spiegel mit Eigenbau-Adapter; Kamei Schweller, Kamei Heckschürze mit BMW E46 Unterbau, GfL Heckspoiler, Zastrow-Dachspoiler, Einarmwischer Eigenbau, Scheibentönung (Folia Tec), Hub-Schiebedach aus Glas, in.pro Heckleuchten

INTERIEUR: Recaro Sportsitze, 32er Victor Sportlenkrad, Cockpit zweifarbig lackiert, Plasma Tacho, SPS LED-Anzeigen, Irradio Röhrenfernseher, 89-Bosch-Festnetztelefon, Lilliput LCD Color-Monitor, Car HiFi: Pioneer Kassettenradio, 6-Fach CD Wechsler, in.pro Fernbedienung

Text & Foto: Michael Kolb für Ford Drive 1/2008, reloaded für Tuningcars am 26. Mai 2021