Kadett E Gsi Cabrio – ultrabreit mit seltenem Schneider-Bausatz. Mit 2060 mm Gesamtbreite passt der Kadett auf keinen „normalen“ Autoanhänger. Linke Spuren bei Autobahnbaustellen sind meist tabu. Doch neben diversen Nachteilen besitzt dieser Ultrabreitling auch einige Vorteile, die im Wertgutachten berücksichtigt wurden. Roland Lötsch aus dem Landkreis Hof hat viel Zeit damit verbracht, einen Schrotthaufen wieder auf vier breite Räder zu stellen.

Fragt man Roland nach der Zahl seiner bisherigen Opels, bekommt man über 40 zu hören. Irgendwann hat der den Vectra A seines Vaters übernommen und nicht mehr vom Blitz losgelassen. Eines Tages tauchte unter ebay ein Kadett E Cabrio Breitbau mit 16V-Maschine auf. Der Vorbesitzer hatte den Kadett direkt bei Schneider gekauft und in die Schweiz exportiert. Trotz seines verheerenden Zustands importierte Roland den damals roten Kadetten, zunächst nur um die Grundsubstanz wiederherzustellen. Der Transport musste angesichts der enormen Breite mit einem LKW durchgeführt werden.

Die Firma Schneider Motorsport darf man zu den Tuning-Exoten der ausgehenden Achtziger zählen. Der Firmensitz lag in Hundham/Fischbachau in Bayern ganz unten in der Pampa des Landkreises Miesbach. Laut Prospekt war der Schneider Opel Kadett Gsi eines der faszinierendsten Autos überhaupt im spektakulären, eleganten und ausgewogenen Design. Als Vorzeigefahrzeug diente ein Gsi mit Siegburger Kennzeichen (SU). Von insgesamt 10 produzierten Umbauten steht die Nummer 3 vor uns.

Diese Nummero 3 hatte es in sich. Die montierten Mattig Stahlfelgen waren am Ende, genauso wie weitere Teile der unter dem Kunststoff faulenden Bleche. Letztendlich verhalf ein gekaufter Ersatzteilträger zur Komplettierung fehlendem Material, beziehungsweise war er Lieferant heraus getrennter Bleche. Zurück zu den Wurzeln. Zurück zum 8-Ventiler, der 1988 noch ohne Kat ausgeliefert wurde. Der in der Schweiz verbaute 16-Ventiler wurde demontiert und verkauft. Allerdings zieht der „neue“ 8-Ventiler mehr Leistung als in Serie, weil mit klassischen Frisieren wie Kopf planen und scharfer Nocke auf Trab gebracht. Ebenso erfuhr das F16 Getriebe eine eigenhändige Überarbeitung und wurde mehr auf Sprint, als auf Höchstgeschwindigkeit getrimmt. Eigentlich ist unser Opelaner Roland gelernter Chemiker, doch auch das Bauen von Auspuffanlagen hat er sich nach über 40 Opels angeeignet. Die niedlichen Rechteck-Endrohre gehören zum Endschalldämpfer von Bonini. „Der klingt schön“, meinte der vom Kadett begeisterte Tüv-Ingenieur.

Die Feinheiten des „Schneiders“ erkennt man erst bei der Demontage. Verwendet wird beispielsweise die originale Heckklappe, die mit  wuchtigem Aufsatz und Flügel versehen wird. Allerdings mussten beim notwendigen Tausch der Klappe Kanten und Rundungen beachtet werden. Schürzen und Schweller waren von Rissen und Brüchen nicht verschont worden. Geflickt wurde mit Gfk und viel Spachtelmasse. Das Finish übertrug Roland einem anderen Roland, dem Lackierer Schlüssel, dessen GT dem Flash-Leser noch in Erinnerung sein dürfte. Die dunkelblaue Lackierung trägt auch der 6er-BMW um 2014 herum. Dass die Stahlfelgen nicht mehr verwendet werden konnten, erforderte eine nicht unerhebliche Investition in passende Räder. Ultrabreite 15-Zöller fand Roland im PLS-Programm, dazugehörenden Gummi bei Yokohama. Die Betten der Felgen sind so monströs, dass Roland jeden Morgen Katzen herausscheuchen muss. Lenken beim Einparken erspart das Fitness-Studio – trotz Servo.

Der Stoffbezug war der Mäuse Traumreich. Hier kommt wieder der Ersatzteileträger ins Spiel, ein Gsi Cabrio ohne Motor, dessen Findung so einfach nicht war. Die ledernen Sitze stammen daher, ebenso Seitenwände, das  elektrische und neu bezogene Dach und sonstige Details. Den Digitaltacho hatte bereits der Vorbesitzer verbaut. Eine glatte Lüge behauptet die Nabenabdeckung des Lenkrades, ansonsten entspricht es der Serie. Eingetragen ist der Kadett als 2-Sitzer wegen der Hosenträgergurte. Und er ist frei von Krawallelementen. Keine Speakers, keine Woofer, nur die Breite zählt.

fotografiert am 24. Juni 2018 beim Seefest-Oldtimertreffen in Tauperlitz bei Hof

Opel Kadett E Gsi Cabrio (1988)

Motor:  2 Liter 8-Ventiler OHC (C20NE), Irmscher Vergaser, Zylinderkopf bearbeitet, scharfe Nockenwelle, BMW Kühler

Auspuff: Edelstahl Eigenbau, 76mm Rohre, Bonini-Endschalldämpfer

Leistung (max): 136 PS (eingetragen)

Kraftübertragung: modifiziertes 5-Gang Getriebe (F16, kurze Übersetzung)

Fahrwerk:  Kießling Fahrwerksfedern, Koni Dämpfer gelb,

Felgen:  PLS Sport 4, 11×15 Zoll ET-39 vorne, 13×15 Zoll ET -7 hinten

Bereifung:  Yokohama 285/40 VR15, 345/35 VR15

Bremsen: Scheiben / Scheiben

Interieur: 2-Sitzer (eingetragen), Hosenträgergurte, modifizierte Kadett E Sitze, 16V Lenkrad,

Weitere Extras:  Schneider Breitbau (Schürzen, Schweller, Seitenteile, Heckflügel), 2060 mm Gesamtbreite, Ascona B Rückleuchten, Lackierung 6er BMW

Danksagung: Roland Schlüssel (Lackiererei)

Text & Fotos: Heinz Bauriedel für Opel Flash März/April 2019, reloaded für Tuningcars am 25. Mai 2021