Das Bild eines vor der Apotheke vorbeifahrenden silber-blauen Capris konnte Eddi Blümel nicht vergessen. Innerhalb von 10 langen Jahren setzte er seine Erinnerung in die Realität um. Dabei begann er zunächst mit dem Sammeln von Teilen.

Die Blümels hatten mit Ford eigentlich nichts am Hut. Eddi zwängte seine „Gesamtlänge“ von 187 cm in einen Mini Cooper und sein Bruder tobte sich im Opel GT aus. Wahrscheinlich wäre Eddi in der Opel Szene gelandet, wenn ihn nicht dieser „Apotheken-Capri“ so begeistert hätte. Doch einen guten und günstigen Capri I 2600 RS zu finden, war, ist und wird auch in Zukunft seltener sein als ein Sechser im Lotto. Dem Elektronik-Techniker war bewusst, dass der Weg zum eigenen RS 2600 nur über die Restauration eines Wracks führen würde. Um zunächst in der Szene Fuß zu fassen, machte er einen Capri 2 Breitbau (Drive 5/95) startklar. Er klinkte sich bei Capri, Ford- und Oldtimertreffen ein und schnappte dem einen oder anderen Capri Fahrer die begehrten Capri RS-Teile vor der Nase weg. Ein Bekannter hatte von der RS-Sammelleidenschaft erfahren und wusste, wo eine Rohkarosse ein trauriges Dasein führte. Der Brief hatte mit Sicherheit mehr Wert als der Restbestand. Zum Glück konnten tragende Teile gerettet und mit Hilfe einer Capri I 3000 Karosse aufgefüllt werden. Zudem hatte das Teilelager einen recht guten Stand erreicht, so dass der „Konfektion“ nichts mehr im Wege stand.

Eddi baute das Auto im Alleingang ohne fremde Hilfe auf. Sogar die Lackierung brachte er selbst aufs Blech und wäre da nicht ein Sattler gewesen, der ihm die Sitze in Echtleder bezogen hätte, könnte man von einem „100% made by „Blümel“ Capri sprechen. Bei der Dokumentation der größtenteils dem original entsprechenden Karosserie erfahren wir einige interessante Dinge. So verlängerte Eddi den Frontspoiler um 2 cm, weil es besser aussieht. Im Gegensatz zu den aufgesetzten Verbreiterungen bestehen die Kotflügel seines RS komplett aus GFK. Die kleinen Heckleuchten des RS 2600 Version 1a waren ab 1972 für die Straße verboten und mussten von Taunus-Rücklichter ersetzt werden. Mit der Modellpflege Capri Ib ab 1972 kam ein Ersatzgutachten heraus, dank dessen der Capri RS mit großen Heckleuchten umgerüstet werden durfte.

zum Vergleich: 1970er Schönfelder 2600 RS mit den kleinen Heckleuchten

Die Sechszylinder Basismaschine (Motorcode QZ) erstand Eddi ohne die mechanische Kugelfischer Einspritzanlage, weshalb er ersetzte die Injektion wohl oder übel durch die Weber Fallstrom Doppelvergaser eines 72er Capri 3000 ersetzte. Besser als Original bedeutet vor allem leichter als Original und das beginnt im Motorraum. Gecleante Seitenwände und leichtere Materialien standen im Mittelpunkt des Aufbaus. Jedes Teil wurde auf ihr Gewicht hin überprüft und wenn möglich, von einem leichteren ersetzt. Zwei Beispiele gefällig? Die Getriebeglocke der Sierra Allrad Transmission besteht aus Alu und der Anlasser mit Plantetengetriebe ist nur halb so groß wie der Serienanlasser. Zudem fanden nur leichte Schrauben Verwendung und federleichtes Dämmmaterial bringt in Summe einige Kilogramm. Natürlich kommen Rennsportfelgen von BBS zum Einsatz, deren hintere 10x13er mit einem prächtigen Tiefbett ausgestattet sind. Im Endeffekt ließ sich  der Blümel-Capri um ungefähr 100 Kilo abspecken. Zum Zeitpunkt des Fototermins war das Auto mit „provisorischen“ 235/60 VR 13 Goodyear an der Hinterachse bestückt. Beim fülligen Wechsel werden Yokohama 235/50 aufgezogen, um den Federweg des im Prinzip mit einem 1971er RS übereinstimmenden Fahrwerks zu verbessern.

Der RS2600 zählt zu den schönsten Capris aller Zeiten und findet immer mehr Bewunderer. Zur totalen Perfektion seines RS fehlt Eddi eigentlich nur noch die Kugelfischer Injektion.

Ford Capri I 2600 RS, Baujahr 1971

MOTOR: V-Sechszylinder ohv, 2615 ccm, Weber Fallstrom Doppelvergaser, Scorpio 2,8 Ventildeckel, Seitenwände gecleant, Kabel geordnet und teilweise unsichtbar verlegt, 150 PS

AUSPUFF: Edelstahl Fächerkrümmer, Original RS Anlage

GETRIEBE: 5-Gang Getriebe Sierra, Glocke aus Alu (Sierra Allrad)

FAHRWERK: VA: RS-Schraubenfedern (2 Zoll tiefer), HA: Halbelliptik-Längsblattfedern, Bilstein Gasdruckdämpfer, rundum PU Buchsen, 24er 2,8i Stabi

BREMSEN: Scheiben/Trommeln (RS Standard)

RÄDER: BBS Rennsportfelgen 9×13 Zoll 215/50R13 Pirelli (v), 10×13 Zoll 235/60 VR 13 Goodyear Eagle VR60 (h)

KAROSSERIE: Komplettrestauration in originalnahen Zustand, Frontspoiler Eigenbau, GFK Kotflügel, große Rückleuchten (Capri 1b)

INTERIEUR: RS Sitze in Echtleder, RS Lenkrad, Zusatzinstrumente

fotografiert am 11. Juni 2006 beim markenoffenen Tuningtreffen in Langenzenn (Kellermann & Co.)
Text & Fotos: Michael Kolb für Ford Drive 02/2007, reloaded für Tuningcars am 25. Mai 2021