GM Opel-Ranger GTS – ein Geheimagent im Rang eines Commodores? Durch Zufall fand Jörg Schindler das Topmodell des in Deutschland nahezu unbekannten Ablegers der Commodore B / Rekord D Serie.

Die Juli-Ausgabe eines bekannten Oldtimer-Magazins lag erst wenige Stunden im Regal, als der bei Alfina Kfz & Oldtimertechnik angestellte Kfz-Mechaniker in einer seiner „Pflichtlektüren“ entdeckte:  „Ranger GTS zu verkaufen“. Die  Anzeige sprang Jörg förmlich ins Auge und er ahnte, dass das im Inserat abgebildete „Commodore-Derivat“ etwas ganz Besonderes sein muss. Er reagierte blitzschnell, verabredete am gleichen Tag einen Termin, requirierte die notwendige Ablösesumme, organisierte die roten 06er-Kennzeichen seines Chefs und brauste mit einem Kumpel ab Richtung Bamberg. Bevor weitere Interessenten die Offerte wahrnahmen und beim Verkäufer nachfragten, befand sich Jörg mit dem Ranger längst auf dem Rückweg, nämlich Richtung Pegnitz. Der telefonischen Nachfrage bei Oldtimer-Spezialisten Peter Senfft wegen einer fehlenden Chromrosette für den Türschließer erfolgte die positive Antwort, weshalb Jörg die Rückfahrt mit einem kleinen Umweg zwecks Teilebeschaffung antrat.

Was steckt eigentlich hinter der Bezeichnung Ranger 2800 GTS? Das zweitürige Coupé ist die stärkste Version der Ranger Serie, wie sie General Motors über den Vauxhall-Vertriebskanal in der Schweiz und Benelux Anfang der Siebziger angeboten hatte. Ihren Ursprung findet die Marke Ranger in Südafrika, wo laut Thomas Plehn ausschließlich nur der Ranger A herstellt wurde. Den europäischen Ranger B produzierte GM in Biel (Schweiz) und in Antwerpen (Belgien), doch die Entwicklung, besser gesagt die Umfirmierung des Ranger B unterlag GM in Belgien. Rainer Wieler vermutet mit hoher Sicherheit, dass alle Bausätze aus der ersten Produktionsserie von Februar bis Mai 1972 stammen, eingelagert und später auf Bedarf montiert wurden. Gemäß den von Ruedi Stähli (ehemaliger Salesmanager von GM Suisse) ermittelten Produktionszahlen, wurden insgesamt 469 Bausätze von Belgien aus in die Schweiz geliefert. (1973: 275. 1974: 135, 1975: 59). Der Ranger blieb über die Jahre hinweg eine Standuhr. Der letzte Ranger soll erst 1978 mit exorbitantem Nachlass verkauft worden sein. Einige der Exoten wurden sogar auf „Opel Commodore“ umgerüstet, wobei nur noch die breite Haubenhutze auf das Original hinweisen kann.

Das am Heck angebrachte Schild verrät, dass das Auto die AAA (Agence Americaine Automobiles SA Basel) in der Schweiz verkaufte. Jörgs Nachfragen bei AAA wegen Produktions- und Verkaufszahlen konnten nicht beantwortet werden, da auf Grund mehrerer Umzüge alle Unterlagen verloren gegangen waren. Sein Ranger 2800 GTS entspricht in der Motorisierung dem Commodore B 2,8 GS mit Doppel-Fallstromvergaser. Neben dem Topmodell Ranger 2800 bot man auch den 2500 sowohl als Viertürer, sowie als Coupé in der 2500 GTS Version an. Der „kleine“ Ranger 1900 kann im Wesentlichen dem Opel Rekord D 1900 gleichgesetzt werden. Eigenartigerweise ist in der vom Vorbesitzer mitgegebenen Betriebsanleitung der 2800 GTS nicht aufgeführt. Die Datenblätter enden beim Modell  2500 GTS, was darauf schließen lässt, das der 2,8 Liter nur in allergeringsten Stückzahlen aufgelegt wurde. Wie Ranger Spezialist Rainer Wieler in einer eMail betonte, tauschte man die 2,8 Liter Motoren nach Bedarf ein.

Lichtenberg im Landkreis Hof Ende Juli 2007. Bei der 15. Veteranenausfahrt des lokalen MSC Lichtenberg e.V. fällt dem Autor dieser Zeilen ein blauer „Opel Commodore“ mit „falschen Typenschildern“ auf: Ranger GTS – ein Fake? Die Neugierde lässt mir keine Ruhe. Wenige Tage später gelingt es mir, den Besitzer Jörg Schindler ausfindig zu machen und einen Termin zu vereinbaren. Da abgesehen vom Inspektionsheft und der Betriebsanleitung keine weiteren Informationen vorlagen, starteten wir unsere Recherchen. Dank Thomas P. (Opel Heckantriebler Forum) erfahren wir interessante Dinge über den Ranger und erhalten Kontakte in die Ranger Szene. Größtenteils konnten unsere Vermutungen bestätigt werden. Der Ranger besitzt „schönere Augen“ als der Commodore B, weil die rassigen Doppelscheinwerfer des Manta A den Weg durch die Finsternis zeigen. Natürlich stammen auch deren Halterungen vom ersten Rochen. Wie bei der ersten Version des Kadett C sitzt der Blinker unterhalb der Stoßstange, allerdings mit Adapterstück, wie unser Internetkontakt Thomas, Besitzer mehrerer Ranger, zu berichten weiß. Die Motorhaube mit der breiten Ausbuchtung entspricht nicht der des Diesels, denn sie ist ein eigenständiges Pressteil deren Ausbuchtung eckiger und vor allem größer ausgefallen ist. Im Gegensatz zum 4-Zylinder Ranger mit Radkappen besitzen die Sechser eigene Ranger Nabenkappen auf den Commodore Felgen. Opel Logos vermied man bewusst bei der helvetischen GM Produktion. Dabei ging man sogar soweit, das Opel-Logo in den Armaturen mit einem schwarzen Punkt überkleben.

Inwieweit der Innenraum in Jörgs Ranger dem Original entspricht, bietet Raum für Vermutungen. Laut Rainer Wieler sind die Vordersitze originale Opelteile mit der Kunstledernarbung von 1972-1975. Lediglich die Dreipunkt-Sicherheitsgurte stammen garantiert nicht aus den Baujahren vor 1975, sondern wurden von einem der Vorbesitzer nachgerüstet. Es scheint, dass die Rücksitzbank mit einem Kunstlederbezug bedacht worden ist. Fast schon wie erwartet,  befindet sich auf dem Commodore Lenkrad das Ranger Logo.

Selbst in der Schweiz und in Benelux blieb der Ranger eine Randerscheinung. Über den Opel Vertriebskanal standen Rekord und Commodore im Verkaufsprogramm, die wesentlich mehr Käufer generieren konnten. Laut Jörgs Nachfrage beim KBA im September 2007 waren in Deutschland lediglich zwei Ranger 2800 GTS registriert. Ein großer Dank gebührt dem OHF (opel-hecktriebler-Forum.de) für die Unterstützung bei den Recherchen, vor allem Dank an Marcel Motzet, Thomas Plehn und Rainer Wieler.

Opel Ranger 2800 GTS (1975)

Motor: 2,8-Reihensechszylinder, cih, Doppel-Fallstromvergaser

Auspuff: Serienauspuffanlage

Leistung (max): 103 Kw (140 PS)

Kraftübertragung: Automatic (hydraulischer Wandler mit 3-Gang Planetengetriebe)

Vorderachse: Einzelradaufhängung, doppelte Dreiecksquerlenker,

Hinterachse: Starrachse, Längslenker, Panhardstab,

Federung (vo/hi): Serien-Schraubenfedern

Dämpfung (vo/hi): Seriendämpfer

Felgen (Herst./Größe): Opel Commodore Stahlfelgen / 6×14 Zoll

Bereifung (Herst./Größe): Dunlop / 195/70 HR 14

Bremsen(vo/hi): Scheiben 244mm / Trommel 230 mm

Weitere Extras: Ranger Logos, Manta A Doppelscheinwerfer mit Kunststoffeinfassung, Hutze auf Motorhaube, Kadett C Blinker

Interieur: Commodore Lenkrad mit Ranger Logo, Opel Blitz im Cockpit abgeklebt, Rücksitzbank mit Kunstleder bezogen,

Text & Fotos: Heinz Bauriedel für Opel Flash 05/2008, reloaded für Tuningcars am 23. Mai 2021