Verdammt viel Lehrgeld hatte Uwe Lunz vor über 10 Jahren zahlen müssen. Doch was heißt hier Lehrgeld? Die Kohle floss nicht nur in das Auto. Sie fiel nach oben und landete in der Staatskasse für „besondere Fälle der Missachtung der Straßenverkehrsordnung“. Jetzt ist alles im sprichwörtlich Grünen Bereich. Oder?

fotografiert in der Sahara von Königsfeld

Was sind Eintragungen eigentlich wert? Hatte sich der gelernte Zimmermann  schon vor fast 15 Jahren gefragt. Trotz Eintragung eines um 80mm tiefergelegten Fahrwerks sowie der mittig justierten Scheibenwischer wurde sein Kadett Cabrio zur weiteren Überprüfung „eingeladen“. Als die Kontrollfraktion anstatt des 75 PS starken 1.6 Liters einen 2 Liter 16V entdeckten, war Schluss mit lustig. Uwes Verteidiger lag lange Zeit im Clinch mit der Obrigkeit. Viele Anschuldigungen konnten abgemildert werden. Einige Punkte jedoch blieben im wahrsten Sinne des Wortes stehen. Uwe und sein Cabrio sind sozusagen Survivors – Überlebende aus der verrückten Zeit des ungezügelten Tunings.

Als wir uns nach langen Jahren in der „Sahara“ von Königsfeld wieder trafen, war die „Böse zu Gut“ Verwandlung von Mensch und Maschine fast nicht auszumachen. Uwe hatte unnötige Haare abgestoßen. Sein Cabrio hingegen kaum an Höhe verloren. Nach wie vor sind 80mm Tieferlegung eingetragen, die er im zweiten Anlauf. bestätigen ließ. Selbst die Höhe der Scheinwerfer steht mit 430mm nun offiziell in den Papieren. Die Frontpartie wirkt schöner und nicht mehr so extrem zerklüftet, da er die fürchterlich aussehenden Öffnungen der Monsterschürze mit Gfk verschwinden ließ. Das komplette Karosseriekit steht bei CSR eigentlich für Astra F im Programm, passt jedoch auch an den Kadett E, sowie man sich die Anpassungsarbeiten und Abgleichen der Spaltmaße geben will. Stimmig mit dem aalglatten Kofferraumdeckel büßte die Heckschürze alle Öffnungen ein. Die Kennzeichenaussparung wanderte vom Deckel in die aufbereitete Schürze. Die stammt vom Golf IV, sei nur als Hinweis gedacht, und dass auch ein Volkswagen zum Gelingen eines Opels beitragen kann. Alles wirkt wie aus einem Guss, wenn auch die Seitenschweller ihrer Sicken nicht beraubt wurden.

Im Zuge der allgemeinen Aufrüstung im Radhaus wirken 14 Zoll Felgen wie aus einer anderen Zeit. Die hochglanzpolierten 7 und 8×14 Zoll RH Cupfelgen gewinnen dank 20mm Spurplatten sprichwörtlich Distanz zu den Aufnahmen. Die vordere Bremsanlage stammt vom Calibra 16V und hinten vom  Astra GSi, was wegen der Motorisierung notwendig wurde. Nach dem 3-Punkte-Programm und einer saftigen Geldstrafe wegen dem nicht eingetragenen Motor leitete Uwe sein persönliches „Umparken im Kopf“ ein. Die neue 2 Liter 16V Maschine stammt aus einem ehemaligen Kadett E Gsi Wettbewerbsauto und hatte bereits einige Tuningmaßnamen erhalten. Um das Leistungspaket zu verifizieren, brachte Uwe das Cabrio zu HiPo, wo neben Feinabstimmung auch die Abnahme erfolgte. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Satte 211 Pferde (knapp 156 kW) stemmte der Opel auf die Rolle. Und damit es im Pferdestall nicht aussieht wie im Schweinestall, ließ Uwe den Motorraum in Beige auslackieren und teils mit Chrom bestücken.

Aus jedem Blickwinkel, mit geöffneten oder auch geschlossenen Dach, hinterlässt das Cabrio einen wohlgefälligen Eindruck. Was freilich auch der Lackierung in OPC Blau zugeschrieben werden kann, die im Vergleich zu den früheren dunkelblauen Lackierungen wesentlich mehr hermacht. Außen hui und innen? Dem Konzept entsprechend mit blau-schwarzen König-Sitzen. Der größte Aufwand im und am Fahrzeug verbirgt sich vor der Nase des Piloten. Die Implementation des gelederten Astra F Cockpits fraß Stunden wie ein hungriger Wolf: Die Rundung an der Frontscheibe hinzubekommen war das schwierigste Teil des Projektes. Und da wäre noch die Sache mit eigentlich unwichtigen Teilen die die Pedalerie zu erwähnen. Tatsächlich standen ehemals montierte und nicht eingetragene Alupedale ebenfalls auf der „Anklageliste“. Nun treten die Füße auf deren in Chrom, die keinerlei Eintragung benötigen. Tja, der Uwe ist ein „Guter“ im Sinne der Straßenverkehrsordnung geworden. Die Unterbodenbeleuchtung funktioniert natürlich nur im Stand bei ausgeschalteter Zündung.

Opel Kadett E Cabrio (1990)

Motor:  2 Liter 16V, DOHC, Corsa A GSI Luftfilterkasten (im Radkasten versteckt) Kanäle poliert, Risse Nockenwellen, Steuergerät modifiziert (Hipo Tuning)

Auspuff:  Lexmaul Fächerkrümmer, Gruppe A Friedrich ab Kat

Leistung (max): 211 PS

Kraftübertragung: 5-Gang Getriebe (F16)

Fahrwerk (va/ha):  APEX Federn 80mm tiefer, Koni Dämpfer gekürzt

Felgen (Herst./Größe):  hochglanzpolierte RH Cupfelge / 7×14 Zoll ET20 (va), 8×14 Zoll ET15 (ha), 200m  Distanzscheiben umlaufend

Bereifung (Herst./Größe):  Dunlop SP9000/ 195/45R14

Bremsen(vo/hi): Scheiben (Calibra 16V) /Scheiben (Astra GSi )

Weitere Extras:  modifizierte CSR Monsterface-Frontschürze (seitliche Öffnungen geschlossen), modifizierte CSR Seitenschweller,  modifizierte Astra F Heckschürze (CSR),  Kennzeichenaussparung Golf 4; Bruhy Tankdeckel, schwarze Scheinwerfer  und Blinker (in.pro), M3-Spiegel mit integrierten Blinkern, Lackierung OPC Blau, Unterbodenbeleuchtung

Interieur: Astra F Cockpit mit beleuchteten Ziffernblätter, 28er Jom Lenkrad, König Sitze in Leder, verchromte Pedale

ICE: Clarion mit ausklappbaren TFT Bildschirm, Clarion Bildschirme im Kofferraum

Danksagung: Meiner Frau Nicole für ihr Verständnis und meine Kumpels vom Opel-Club-Bopfingen, Kumpel Atze für die Mithilfe

Text & Fotos: Heinz Bauriedel für Opel Flash 12/2015, reloaded für Tuningcars am 23. Mai 2021
Michael Kolb für Opel Club & Trend 3/2003
Mirko Koenig & Miroslav Koscinsky für Opel Tuning 12/2005