Edgar Oschau hat es Schwarz auf Weiß im Gutachten stehen. Der Herstellungswert seines mit „besser als Original“ bewerteten Commodores beträgt satte 90.500 Euro. Der Weg dorthin war lang und steinig, denn dem ging selbstverständlich eine Totalrestauration bis auf die letzte Schraube voraus. Viel Zeit verbrachte der Kfz-Meister auch vor dem PC, um im richtigen Moment benötigte Teile zu ergattern.

fotografiert beim 2017er Treffen in Oberwildenau unterhalb der Autobahnbrücke

Du könntest der beste Mechaniker der Welt sein, doch wenn profanes Kleinod wie spezielle Zierleisten und Gummidichtungen so gut wie nicht mehr erhältlich sind, wirkt das beim Wiederaufbau wie ein Bremsklotz. Irgendwie müssen ja lange fünf Jahre Resto Erklärung finden. Dabei kann Edgar auf einen langen Erfahrungsschatz in Sachen Opel zurückgreifen. Kaum 18 geworden, war ein Ascona B sein ganzer Stolz. Es folgten die Blitze wie bei einem Gewitter, wobei aktuell noch vier „Leuchtkörper“ seine Garagen erhellen. Zurzeit haucht er einem bereits umgebaut gekauften Rekord E Pickup neues Leben ein, von dem wir mit Sicherheit noch hören und lesen werden.

Ein bekanntes Intenet-Portal spuckte eines Tages einen  Commodore GS/E aus. Kein verbastelter Tuner, aber auch kein Glanzstück, er war fahrbar und vor allem komplett mit originalen Teilen. Edgar ließ dem Besitzer 2900 Euronen zukommen und freute sich über den Neuerwerb. Bei der Vorbereitung für die TÜV-Abnahme ahnte er, dass ihn der Commodore für lange Zeit beschäftigen würde. Also erst mal eine Weile fahren, bis in der Werkstatt ausreichend Platz für ein länger währendes Projekt frei werden wird. Die „üblichen Verdächtigen“ wie Endspitzen, Schweller und bereiteten dem Kfz-Meister und seinem Kumpel Jürgen Hasselberg wenig Sorgen. Der Schwerpunkt lag auf Beschaffung von Neuteilen oder neuwertigem Material. „Was ich neu bekommen habe, habe ich auch gekauft“ beschreibt er einen Berg von Neuteilen wie Kotflügel, Türen, Radhäuser,  Frontmaske und so weiter. „Der Tank ist eigentlich bei jedem Commodore durch“, erzählt er und fährt fort, dass er in Würzburg einen neuen Tank zum Schnäppchenpreis über 500 Euro abgeholt hat. Fast jeden Tag stocherte er im Netz herum, um noch fehlendes Material aufzutreiben. Der Zeitaufwand vor dem PC schien ihm höher als für handwerkliche Tätigkeit, trotz Abspecken bis auf Rohkarosse, Sandstrahlen und Umdrehen jeder Schraube.

Räder und Federn gehören zu den wenigen Dingen, die nicht aus dem Reservoir des Opel-Nachschubs stammen, von den stabilen und längeren Federn des Rekord D Caravan abgesehen“. Beabsichtige Keilform Optik hebt den Hintern und senkt die Schnauze dank Weidner Federn um 30 mm ab. Dass gepulverte und schwarz lackierte BBS Mahle Felgen in 7×14 den Vorzug vor 6×14 Stahlfelgen erhalten ist einerseits des eleganteren Aussehens, andererseits der 7 Zoll Breite in Verbindung mit der geringen Einpresstiefe von 11mm geschuldet.

Was bedeutet „besser als Original“ im Innenraum? Leder anstatt Kunstleder, ohne den Charakter des sportlichen Flagschiffs der frühen Siebziger zu beeinträchtigen, lautete Edgars Antwort. Die Innenausstattung verbrachte einen Zwangsaufenthalt bei Sattler Märkl im benachbarten Karlshuld. Schau dir die Sitze an, die Türinnenschalen und das Cockpi:. Die Nähte sind besser als die ab Werk, gab der Opel erfahrende Gutachter zu Protokoll. Die ungeteilte Begeisterung betrifft vor allem den unverbastelten Zustand, der sich in besseren Materialien und Verarbeitung unterscheidet. Allerdings war das werksseitig verbaute Lenkrad zu dünn für kräftige Mechanikerhände, weshalb Edgar in die Zubehörkiste von Raid griff. Die Nähte am 36er Volant bestätigen den Aufenthalt beim Sattler.

„Matching Numbers“, die Übereinstimmung von Fahrzeug, Motor und Getriebe wie bei Auslieferung gilt als Wert-steigerndes Kriterium. Selbstverständlich hat das stärkste Triebwerk der RekordD/Commodore B Serien eine Generalüberholung erfahren, die werksseitige 160 PS wieder auf ursprünglichen Status Quo hoben. Der Commodore war, ist und bleibt ein sportlicher Cruiser, dessen Tacho, wenn es sein muss, die 200er Marke überschreitet. Es muss nicht unbedingt sein, nicht bei Edgar.

„Ich will nicht, dass das Auto nass wird“ erklärt er. Glücklicherweise zeigte sich der Himmel bei Neuburg an der Donau während der Abfahrt zum Opeltreffen nach Oberwildenau in guter Laune. Der Fototermin wäre ansonsten nicht zustande gekommen. Und das wäre Schade bei einem Auto, das seit seiner Fertigstellung nur ganz selten an die Öffentlichkeit tritt,

Opel Commodore B Coupé GS/E (1973)

Motor:  6-Zylinder Reihenmotor, 2784 ccm, elektronische Bosch D-Jetronic

Auspuff: Original Doppelflutig

Leistung (max): 160 PS

Kraftübertragung: 4-Gang Schaltgetriebe

Vorderachse:  Doppelquerlenker, Schraubenfedern, Drehstab-Stabilisator

Hinterachse: Starrachse, Längelenker, Schraubenfedern, Drehstab-Stabilisator, Sperrdifferenzial

Fahrwerk:  Weidner Tieferlegungsfedern/ Rekord D Caravan Federn

Felgen:  schwarz gepulverte BBS Mahle 7×14 Zoll ET11

Bereifung:  Falken, 205/60×14

Bremsen: Scheiben (268mm), hinten Trommeln (Serie bis 1975)

Weitere Extras: Totalrestauration, Signalrot (L529)

Interieur: Originalnah, Original-Sitze in Echtleder, Türschalen und 36er Raid Lenkrad in Echtleder,

Danksagung: Autosattlerei Märkl (Karlshuld/ND), Jürgen Hasselberg

Text & Fotos: Heinz Bauriedel für Opel Flash 04/2018, reloaded für Tuningcars am 19. Mai 2021