Hätte das Schicksal seinen geplanten Lauf genommen, wäre womöglich bereits 1983 der geschretterte Quader des 67er Kiemen in der Schmelze gelandet. Glück für den Kadett, dass Walter Oberhofer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort gewesen ist.

Man schrieb das Jahr 1983. Walter stattete seinem Onkel einen Besuch ab, als dieser gerade einen erst 16 Jahre alten Opel Kadett B zu entsorgen gedachte. Der 1967er Kadett war ein lupenreiner Rallye 1100S mit der 60 PS starken 1078 ccm Maschine und 2 Solex 35 PDSI-Fallstromvergasern, womit man damals sämtliche Käferei vom Asphalt fegen konnte. Den Zustand hätte man ziemlich genau mit „müsste irgendwann mal restauriert werden“ beschreiben können, doch die Substanz reichte locker für die TÜV Besuche der nächsten 16 Jahre. Kurzum, Walter setze den munteren Heckantriebler bis ins Jahr 2000 als Winterauto ein. Die Situation änderte sich schlagartig mit dem Tod seiner Frau. „Man muss irgendwas machen, um darüber hinwegzukommen“, erinnert sich Walter.

Innerhalb kürzester Zeit rüstete er den Kadett zunächst auf 2 Liter, dann auf 2,2 Liter und weil damit noch immer unzufrieden, auf die 2,4 Liter Maschine des Omega A um. Die Anpassungsarbeiten im für maximal 1,9 Liter ausgelegten Motorraum warfen einige Probleme auf. Walter verlängerte den Rahmen um 12 cm, setzte die Quertraverse dementsprechend weiter nach vorne und schweißte den größeren Getriebetunnel des Kadett B Olympia (1,7, 1,9) ein. Alle Halterungsbleche für Kühler und sonstige Behälter wurden angepasst. Die Luftzufuhr des Omega Treibwerks erhielt Komponenten diverser Serienmodelle. Direkt hinter dem Luftfilterkasten eines geschlachteten Vectra A verrichtet der Luftmengenmesser eines BMW E30 M3 seine Aufgabe, wofür allerdings der Benzindruck erhöht werden musste. Das um zwei Kammern gekürzte Saugrohr und die Drosselklappe der 3 Liter Senator/Monza Serie versorgen die Bosch LE-Injektion einer 2 Liter Maschine. Der Kühlflüssigkeitsbehälter stammt aus einem Rekord. Im ersten Anlauf scheitere die Installation des Vectra A-Kühlsystems, deshalb ist zurzeit ein reines Überdrucksystem im Einsatz. Im neu abgedichteten und gelagerten Motor erledigt eine 304 Grad Nockenwelle hörbar schärfere Steuerzeiten. Die Leistung wurde nie gemessen und ist auch relativ uninteressant, meint Walter, dessen Schätzungen so um die 140 Pferde kreisen. Aufrüstung der Leistung ging Hand in Hand mit dem upgrade der Bremsanlage, wobei an der Vorderachse Monza A Scheiben in die Kralle genommen werden. An der Hinterachse vernichten Manta B Trommeln überschüssige Speed. In einem Manta B hatte auch das 5-Gang Getriebe seinen Ersteinsatz.

Der Kadett ist nicht tiefergelegt! Zwar kommt an der Vorderachse das Original Fahrwerk mit den so genannten -Blatt Weitspalt Querfedern zu Einsatz, doch hinten wurde kräftig gemischt. Die hintere Starrachse ist ein Mix aus Kadett B 1900S und Manta B, wobei Walter nach dem Motto „von jedem das geeignete“ verfuhr. Die Straßenlage ist typisch für einen Heckantriebler, wobei man dank Drehmoments den Opel-Hintern mit dem Gaspedal lenken könnte, wenn man wollte. Allerdings gibt Walter zu, dass sein Fahrwerk dem Sportfahrwerk eines Kadett C Coupé unterlegen wäre.

Natürlich würde die Karosserie nie und nimmer heute in diesem Zustand sein, wenn nicht irgendwann bei einer Totalrestauration morsche Bleche ausgesondert geworden wären. Im besagten Winter 2000 auf 2001 schmilzt das Gesamtgewicht auf das Minimum der Rohkarosse. Die in den Jahren zuvor gekauften Ersatzteile erneuern die Karosse rundum. Der silberne Lack im Originalton mit geteiltem Schwarz auf der Motorhaube ist im Stil der Sechziger gehalten.

So Original wie nötig und so Original wie möglich bedeutet in Walters Sinne: Sitze von Recaro, Zusatzinstrumente in der Mittelkonsole des Rallye SR. Es wäre auch schade gewesen, das dreispeichige Sportlenkrad des Rallye gegen ein kleines aus dem Zubehör zu tauschen. Und natürlich entspricht sogar der alte Hitachi Radio dem Stil der Zeit. Krach macht in diesem Auto nur einer: die Eigenbau-Edelstahlanlage mit 60er Rohrdurchmesser. Abschließend Dankeschön an Benjamin und Severin Teschke für die Ersatzteilbeschaffung und an Familie Thierer für die aufgebrachte Geduld bei meinen langen Schrauberabenden

Opel Kadett B 1100 Rallye S (1967)

Motor: 2,4 Liter (aus Omega A), Vectra A Luftfilterkasten, BMW M3 Luftmengenmesser, Benzindruck erhöht, gekürztes 3 Liter Saugrohr und Drosselklappe (Monza), Bosch LE-Injektion, Nockenwelle 304 Grad, Samco Schläuche

Auspuff: Edelstahlanlage Eigenbau, Rohre 60mm Durchmesser, Mittelschalldämpfer und Endschalldämpfer von Geigenmüller

Leistung (max): 140 PS

Kraftübertragung: 5-Gang Getrag (Manta B), Getriebetunnel Kadett B 1700,

Vorderachse: Doppelquerlenker, verzinkt und weiß lackiert

Hinterachse: Zentralgelenk-Starrachse, Längslenker, Panhardstab (Kadett B 1900S), Differenzial 1:3,44 (Manta B)

Federung (vo/hi): original 2-Blatt Weitspalt Querfeder / original Schraubenfedern (keine Tieferlegung)

Dämpfung (vo/hi): Koni (gelb)

Felgen (Herst./Größe): BBS Mahle / 6x15Zoll ET13, Bereifung (Herst./Größe): Michelin / 195/50-15

Bremsen(vo/hi): Scheiben (Monza A) / Trommelbremse (Manta B)

Weitere Extras: Karosserie in Originalzustand zurückgerüstet,

Interieur: Original Innenraum außer Recaro Sitze aus Rekord, Rallye SR Konsole

Text & Fotos: Heinz Bauriedel für Opel Flash 12/2008, reloaded für Tuningcars am 4. Mai 2021