Besucher sowie die Jury des Opel Treffen Frankenhöhe staunten nicht schlecht. Wie aus dem Verkaufsraum entführt, präsentierte sich Martin Kolbs  67er Commodore A im perfekten Neuwagenzustand. Der gelernte Karosseriebauer erzählt uns, warum dieses Auto so gut erhalten blieb.

Im Februar 1967 begann Opel mit der Produktion des vom Rekord C abgeleiteten Commodore, der den Kennbuchstaben A erhalten sollte. Der Commodore A bot mehr Leistung, Fahrkomfort und Prestige als ein Rekord und löste im Prinzip den von 1964 bis 1966 produzierten Rekord-6 ab Der perfekte Zustand dieses Fahrzeugs ist umso erstaunlicher, da es mit der Erstzulassung im Mai 1967 zur allerersten Serie zählt.

Weit vor der Zeit des Datenschutzes stand unter anderem der Beruf des Besitzers in den Kfz-Papieren. Als Käufer des Neuwagens wird demzufolge ein Zierleistenfabrikant genannt, der das Coupé  lediglich ein halbes Jahr bewegte. Ende 1967 nahm sich ein Herrenschneider dem Sechszylinder an. Dieser bewegte den Commodore nur im Sommer und veräußerte ihn im Jahr 1993 bei Tachostand 35.000 km an einen Versicherungskaufmann. Nun folgt der Clou in der Historie dieser Fahrgestellnummer 134008985. Weil dem Herrn aus der Versicherungsbranche der 1-schichtige Metalliclack zu matt erschien, ließ er direkt nach dem Kauf das Auto komplett entlacken, aufs blanke Blech abschleifen und im Originalfarbton (Code L) nachlackieren. Dass dabei die Windschutzscheibe ausgebaut wurde, lässt sich an Hand einer kleinen Gummiwölbung im Bereich der A-Säule nachweisen. Anschließend tauchte das Auto von Wind und Wetter geschützt in einer Nürnberger Tiefgarage ab und wurde 15 Jahre lang nicht bewegt. Der Name des Versicherungskaufmanns steht nicht einmal im Brief eingetragen, womit eindeutig der Herrenschneider als letzter Fahrer identifiziert werden kann. Wie Martin herausfand, fehlte dem Assekuranten urplötzlich wegen Hausbau und Nachwuchs sowohl Zeit als auch Lust, den Commodore zu bewegen. Im Frühling 2008 tauchte das Auto urplötzlich in einem Internet-Verkaufsportal auf. Martin reagierte blitzschnell. Kurz nach einem Anruf machte er sich auf dem Weg nach München. Seine schnelle Reaktion wurde belohnt, denn mittlerweile hatten sich mehrere Interessenten gemeldet und er machte sich auf eigener Achse mit 06er-Kennzeichen auf den Heimweg.

Als gelernter Karosseriebauer hätte Martin jederzeit dem Auto zu neuer Form verhelfen können, doch tatsächlich gab es nur sehr wenig zu tun. Der Zustand des „Tiefgaraglers“ entpuppte sich als absolut rostfrei. Sogar die Kotflügel lassen sich an Hand der eingestanzten Nummer als 1967er identifizieren. Der Unterbodenschutz stammt ebenso aus dem Produktionsjahr und nicht einmal der Auspuff zeigte die Spuren eines Ersatzteils. Der Chrom glänzt wie anno 1967, ebenso das schwarze Vinyldach, das von Martin grundsätzlich mit Armor All gepflegt wird. Der heutige Glanz des Lacks rührt von einer Nano-Versiegelung her, die ein ebenso staunender Kumpel von Martin aufgetragen hat.

Die von einem der Vorbesitzer aufgezogenen Ronal Typ 1 zählen zu den allerersten Tunerfelgen überhaupt. Das im Tuning-Volksmund als Wabenfelge bekannte Rad in 7×14 und 8×14 Zoll verleiht dem Commodore eine dynamische Optik, zudem an der Vorderachse der Überhang mit 10mm Distanzscheiben minimiert wurde. Der unverfälschte Innenraum ist ein Abbild dessen, wie die Werker von Opel ihn schufen. Das frühe Modell erkennt man am kleinen Drehzahlmesser, der von den Kontroll-Instrument zur linken und dem Tachometer in die Mitte genommen wird. Das spindeldürre 3-Speichenlenkrad gegen ein Sportvolant aus dem Tuningregal zu tauschen, wäre ebenso Frevel, wie der Einbau von Sportsitzen. Sicherheit wurde damals klein geschrieben, wie man an den fehlenden Kopfstützen erkennen kann. Martin demontierte sogar die vom Herrenschneider installierten Sicherheitsgurte, da erst ab 1970 für PKW der Einbau von Sicherheitsgurten auf den Vordersitzen zur Pflicht wurde. Dafür glänzt der Opel mit durchdachtem Zubehör wie Pannentafeln, die auf einen Notfall hinweisen. Wie gut ein Original ankommt, hat die Pokalauswertung beim Opeltreffen Frankenhöhe unter Beweis gestellt. Die Jury bewertete das Auto höher als die „unschlagbaren Abräumer“ der Kadett C Gilde aus dem Landkreis Ansbach. Erster Platz beim ersten Treffen, dennoch wird der Commodore kein Reisender in Sachen Opeltreffen werden.

Opel Commodore A (5/1967)

Motor: 2,5 Liter Reihensechszylinder, OHC, Solex 32/35 Register Fallstromvergaser

Leistung (max): 115 PS bei 5200 U/min

Kraftübertragung: 4-Gang Schaltgetriebe

Vorderachse: Doppelquerlenker, Drehstab-Stabilisator

Hinterachse: Starrachse, Längslenker, Panhardstab

Federung (vo/hi):  Serien-Schraubenfedern

Dämpfung (vo/hi): Serien-Dämpfer

Felgen (Herst./Größe): Ronal Typ 1 „Wabenfelgen“ / 7×14 (va) ET unbekannt, 10mm Distanzscheiben/ 8×14 ET unbekannt (ha)

Bereifung (Herst./Größe): Vredestein / 195/60 HR15

Bremsen(vo/hi): Scheiben (271mm) / Trommeln (230 mm), Zweikreis Hydraulik

Weitere Extras: unrestaurierter Originalzustand

Interieur: rote Innenausstattung (Original)

Danksagung: Danke an die Vorbesitzer für die gute Pflege

Text & Fotos: Heinz Bauriedel für Opel Flash 11/2008, reloaded für Tuningcars am 27. April 2021