„Bei Nässe ist höchste Vorsicht geboten“, umreißt Stefan Böhm die Fahreigenschaften seines „Winterfest“ C Coupés. Der Einsatz des 155 PS starken Rallyefahrzeugs ist meist gegen die Uhr. Und die läuft gnadenlos.

Rallye und Slalom im C Coupé. Kein anderes Auto prägt regionale Sportwettbewerbe in dem Maße wie das Coupé der letzten Heck-angetriebenen Serie des Opel Kadett. „Man kann ihn tanzen lassen und man kann ihn fliegen lassen“ berichtet Stefan, aber man muss das Heck beherrschen. Zwei Coupés sind unter seinem 07er Wechselkennzeichen registriert. Der Blaue wurde bis 2004 nur ab und zu bei Slalomveranstaltungen eingesetzt, weil eigentlich ausschließlich für Opel Treffen bestimmt. Die Suche nach einem Sportler konnte mit einem günstigen Angebot erfolgreich beendet werden. Die total geschlachtete Rohkarosse zeigte sich besser in Schuss als zunächst angenommen, deshalb durfte das Schweißgerät unbenutzt in der Ecke stehen bleiben.

Der in Daphne-grün lackierte Kadett wurde im Jahr 2003 speziell für den Motorsport aufgebaut, Weil die Teilebeschaffung immer wieder ins Stocken kam, zog sich der von Stefan mit Copiloten Thomas Bär und Bruder Jochen organisierte Aufbau über ein Jahr hin. Die Performance des Autos wird vom Rallye-Reglement der Youngtimer Gruppe 2 diktiert. Das bedeutet im einzelnen sowohl Originalverspoilerung als auch unverfälschte Stoßstangen, sogar der 2 Liter Motor muss den klassischen Vorgaben entsprechen. Im Gegensatz zur Gruppe 1, die im absolut originalgetreuen Aufbau sogar die Rücksitzbank erfordert, sind in der Gruppe2 einige Modifikationen im Innenraum und Motorbereich möglich.

„Teppiche dürfen raus, der Himmel muss drinnen bleiben. Dem Cockpit darf man das Handschuhfach entfernen“, erklärt Stefan einige Punkte des Reglements im Schnelldurchlauf. Die Schalensitze mit kräftigem Seitenhalt und 3-Zoll-Dreipunktgurten dienen ausschließlich der Sicherheit. Hingegen wären kleine 28er Lenkräder ohne Hebelkraft im Rallyegeschäft totaler Unsinn, weshalb Stefan mit einem OMP Sportlenkrad im 35er Durchmesser kurbelt.

Sicherheit steht im Brennpunkt, deshalb gehört ein dem Reglement entsprechende Käfig zum Pflichtprogramm. Der ausgeräumte Rückraum wird mit einer feuerfesten Wand zum Tank hin abgeschottet  und eine Benzinleitung muss außen verlegt sein.  Auch die Kraftübertragung entspricht dem Youngtimer-Reglement. Den Kraftschluss zwischen Maschine und dem 5-Gang ZF Getriebe wird einer gut zupackenden Sachs Sechspunkt Rennsportkupplung überlassen. Hinter dem Kardan der 1000er Serie sitzt die für Rallye ausgelegte Hinterachse mit 45 Sperre und einer kurzen 4:22:1 Übersetzung.

Grabfeld-Rallye 2004:  Ein derber Schlag kündigte den plötzlichen Tod der 2-Liter Maschine an. Die Revision förderte die totale Zerstörung ans Tageslicht. Der todbringende Auslöser war ein abgerissenes Ventil. Weder Kolben, noch Kurbelwelle, geschweige denn die Lager hätten weiterverwendet werden können. Nur die Nockenwelle hatte den Crash überlebt. Zum Glück lagerte bei Macht Rallyetechnik ein bereits mit klassischem Tuning aufgemachter 2 Liter Motor, bestückt mit 45er Weber Doppelvergaser, so dass innerhalb einer Woche das Coupé wieder auf die Piste zurück durfte. Der phantastischen Beschleunigung von ca. 6 Sekunden auf 100 km/h steht mit 15 Zoll Rädern eine ziemlich magere Höchstgeschwindigkeit von 174 km/h bei 7000 Touren dagegen. Auf keinen Fall werden die kurzen Koni voll zugedreht, sondern stets auf Mittelmaß justiert. Die Kombination von Koni Dämpfern und Mattig Federn sieht Stefan für seine Zwecke als die optimale Kombination an. Zwecks Stabilität wurden die Vorderachsfedern mit Gummis von Mercedes Benz unterlegt. Mit einem einzigen Satz Reifen wäre kein Blumentopf zu gewinnen. Je nach Wetter und Straßenbeschaffenheit stehen vier Reifensätze zur Verfügung, wobei die 13-Zöller nur bei Slalom eingesetzt werden.

Natürlich packen die Bremsen besser an als die eines serienmäßigen 2,0 Rallye, weil die innenbelüfteten Scheiben des Rekord 2,2i von Ferrodo Renn-Belägen in die Zange genommen werden. An der Hinterachse verzögert die Scheibenbremsanlage des Vectra 2000 mit Ankerplatten des Ascona 400. Fit für die Piste. Vor jedem Rennen findet eine technische Abnahme statt, der Stefan, seine neue Copilotin Kathi Faber und Servicemann Markus Herrmann locker entgegen sehen. Stefan sammelte seine ersten Erfahrungen bereits 1996 in einem Ascona B. Er fährt am liebsten Asphalt und sitzt bei Schotterveranstaltungen lieber auf den Copilotenstuhl in Werner Mühls Kadett GSi 16V. Kathi bestritt ihre erste Rallye mit ihrem damaligen Freund Sven, allerdings kamen beide wegen eines brachialen Ausritts in die Prärie nie im Ziel an. Seither schaut sie im Co-Pilotensessel auf Uhr und Logbuch. Erfolge werden gefeiert. Ende August 2004 belegte das Team bei der Rallye Grünhain in Sachsen den 2. Rang im Klassement und den 13. von 107 Teilnehmern. Der Kampf gegen die Uhr lohnt sich eben doch

Opel Kadett C Coupé 2,0 Rallye, Modell Winterfest (1979)

Motor: 2,0 Reihenvierzylinder, cih, K&N Sportluftfilter, 45er Weber Doppelvergaser, aufgebaut von Macht Rallye Technik mit Schmiedekolben, Stahlpleuel poliert und feingewuchtet, Kurbelwelle erleichtert und feingewuchtet, Zylinderkopf bearbeitet, 308 Grad Nockenwelle, Ventile 46/41, elektrische Benzinpumpe Mitsuba, erleichterte Schwungscheibe (ca.5 kg), Hochleistungskühler, Racimax Ölkühler

Auspuff: HJS Sport-Kat Gruppe A Supersprint

Leistung (max): ca.155 PS (114 Kw)

Kraftübertragung: Sachs 6-Punkt Rennsportkupplung, 5-Gang ZF-Getriebe 1.0, Kardanwelle 1000er Serie, Stahl-Achsverlängerung, Achsantrieb 4,22:1, 45% Sperre

Vorderachse:  Einzelradaufhängung an Doppel-Querlenkern, Domstrebe, Heigo Ölwannenschutz, direkte Lenkung

Hinterachse: Zentralgelenk-Starrachse

Federung(vo/hi): Mattig 60 mm, Dämpfung(vo/hi): Koni gelb gekürzt,

Felgen: ATS Cup 7 x 15 ET 28 alternativ ATS 5-Stern 8×13 ET1

Bereifung (Herst./Größe): Yokohama A048 Trocken-Rennreifen 195/50-15, Yokohama A021 Regenreifen 195/55-15, Yokohama Straßenreifen 195/50-15, Dunlop SP2000 175/50-13

Bremsen (vo/hi): Rekord 2,2i innenbelüftete Scheibe, Ferrodo Renn-Beläge / Vectra 2000 Scheibenbremsen, Ascona 400 Ankerplatten

Weitere Extras: weiße Blinker, GT/E Spoiler, Domstrebe hinten,  Lackierung: Daphne-grün (VW)

Interieur:  Sandtler Schalensitze mit Sandtler 3“ 3-Punkt-Gurte, 35er OMP Sportlenkrad, Überrollkäfig Heigo, VDO Zusatzarmaturen, Tankabtrennung, Notaus-Schalter, Ölkontroll-Lampe, Starterknopf, Gegensprechanlage mit Kopfhörer, 2 x 2 kg Feuerlöscher

Veröffentlicht als 2-Teiler in Opel Flash 4/2006. Klick auf Bild verlinkt