Du bist der Meinung, dass ein Commodore A Coupé zu den schönsten Opels aller Zeiten zählt? Dann sitzt Du jetzt in der ersten Reihe: Georg Wittmann zeigt uns sein Sechszylinder-Coupé, das keinen Vergleich zu scheuen braucht

Georg sammelte seine ersten Erfahrungen mit einem Kadett E Diesel, den er von seinem Eltern zum bestandenen Führerschein erhielt. Ein 15 Monate später folgender Omega A machte ihn notgedrungen zum „Schrauber“, weil viele Werkstattaufendhalte unbezahlbar waren. Doch warum fährt eigentlich ein Kerl mit 29 Jahren nun ein Auto, dass ihn um 5 Jahre übertrumpft? Es war Liebe auf den ersten Blick und wie der Informationselektroniker zugibt, galt dieser Blick damals einem Rekord C Coupé, dem „kleinen Bruder“ des Commodore. Im Gedanken definierte Georg seinen Traum. Rot und unverbastelt musste der Commo sein. Die schwarze Kunstlederausstattung notierte er ebenfalls in seiner Wunschliste. Die 95 Pferde des kleinen 2200 reagierten für ihn zu phlegmatisch. Der trinkfreudige GS 2800 H oder ein  GS/E mit Injektion stimmten nicht mit seinem Gehalt überein. Georg tendierte eindeutig zum Mittelfeldmotor. Es dauerte drei Jahre, bis der Traum mit dem Kontostand harmonierte. Das Wunschauto sonnte sich am Bodensee, stammte aus erster Hand, war fahrbereit und hatte TÜV. Den Kaufzustand könnte man mit einer mittelprächtigen 3 definieren. Georgs Weg zur Bewertung  1-2 war lang und hart.

Ein Commodore A  spielt in einer anderen Liga wie Omega A oder Kadett E, vor allem was Teilebeschaffung angeht. Hamstern ist angesagt. Er begann die Suche in der weißen Voraussicht, dass irgendwann irgendetwas kaputt gehen könnte. Der freie Markt wurde also nach Gummidichtungen, Zierleisten und Blinkergläsern durchforstet. Zwischen finden und montieren liegen meist Stunden. Die Überarbeitung einer Edelstahl-Radlaufleiste darf mit einem halben Arbeitstag veranschlagt werden, weiß er zu berichten. Nachdem man die Dellen heraus geklopft hat, schleift man ein 10tel ab, um den Glanz wiederherzustellen. Leider funktioniert das nur mit den Zierleisten unterhalb der Gürtellinie, nicht mit den oberen aus verchromten Aluminium.. Doch das größte Problem war das Anschrauben der Leisten an das Auto, da auf Grund von Karosseriearbeiten keinerlei Löcher mehr vorhanden waren und es keinen Bohrplan dafür gibt. Die erforderlichen Maße wurden von der Fotodokumentation des Vorbesitzers abgenommen und hochgerechnet. Die auf dem Teilemarkt erhältlichen Kotflügel werden auf ausgelutschten Pressen gefertigt, die ein Nacharbeiten unumgänglich machen. Bei Georgs Kotflügeln handelt es sich aber um relativ gute Nachbauten. Bei den mittlerweile produzierten Exemplaren können an der Innenseite zur A Säule hin 5 cm fehlen

Das Auto besaß werksseitig keine Innenkotflügel, so dass die vorderen Blinker im Bereich des Spitzwassers lagen. Die Zinkdruckguss Gehäuse lösten sich im Laufe der Jahre einfach so auf. Auf dem Oldtimermarkt werden beide Blinker mittlerweile mit 150 bis 250 Euro gehandelt. Georg beendete den Vormarsch des Rostes, indem die schon recht ordentlich begonnene Konservierung des Vorbesitzers in allen Holräumen fortsetzte. Insgesamt wurde über 35 Kilogramm Mike Sanders Fett verarbeitet. Überlappende Teile verschraubte Georg  mit Fettband statt mit Karosseriedichtband. Der an dieser Stelle ausgesprochene Dank gilt den helfenden Händen des Opelteam Pfelling und der Kfz Werkstatt Josef Sperl für Rat, Tat und Werkzeug.

Inwieweit man bei einem 71er Baujahr von „Retro-Styling“ überhaupt sprechen kann, der Commo stellt das Wesen eines Retros offen zur Schau. Leisten in Chrom, teils nachgefertigt, teils aufpoliert. Chromfelgen mit Weißwandreifen verleihen dem Coupé ein nahezu damenhaftes Aussehen. Die Stahlfelgen in 7×15 und 8×15 Zoll sind als „Weidner Felgen“ bekannt und werden von RTW (Rädertuning Anton Weidner Sulzbach-Rosenberg) mit Gutachten angeboten. Der Lack auf den 205/50er und 225/50 kommt aus der Dose und wurde in feinem Pinselstrich auf die Wände der Charger Gummis gemalt. Der schwarze Kopf unterstreicht die elegante Coke-Bottle Linie, so wie von der amerikanischen Mutter diktiert. Das originale Vinyl gehört war aber leider nicht zu retten, da es sich an den Enden aufrollte. Ersatz wurde von einem kundigen Sattler aufgezogen. Da das alte Dach als Schnittmuster noch zur Verfügung stand, konnte ein perfektes Ergebnis garantiert werden. Die halbjährliche Pflege des verhindert das Austrocknen. Georg schwört auf ArmorAll „seidenmatt“.

Optimierung des Interieurs ohne den Charakter der frühen 70er zu zerstören, bedeutete für Georg zunächst Ausräumen und Säubern. Die Sitze wurden auf stabilere Konsolen gestellt und ein neuer Dachhimmel eingezogen. Mit Hilfe des GS-Schaltplans konnten die Zusatzinstrumente des sportlicheren Bruders verkabelt werden. Der Blaupunkt Radio sorgte einst in einer Mercedes S Klasse (W116) für Unterhaltung. Der sichtbare Unterschied zum markengleichen Opel Radio ist die Chromtaststur, während man sich im Opel mit schwarz lackierter Klaviatur zufrieden geben musste. Als Sensation wurde vor 35 Jahren das am Radio anschließbare Kassettendeck gewertet.

Die Aufrüstung von S auf GS Standard hebt die Leistung von 120 auf 130 PS. Dies geschieht durch die Verwendung des 2 Register Fallstrom-Vergasers des Typs Zenith 35/40 INAT. Der Original verbaute Registervergaser war von einer Opel Werkstatt kaputt repariert worden, da Dichtmasse anstatt Dichtungen verwendet worden war. Nach 30 Jahren verweigerte der Nassluftfilter seine Funktion. Georg baute den Filterkasten so um, dass die Trockenfilter des Commodore B verwendet werden konnten. Die bis 150 PS zugelassenen Hinterachsebremsen zeigen mit dem größeren Radbremszylinder und der 25 bar Bremsdruck-Verminderer ebenfalls GS Standard, sowie der Auspuffendtopf.

Der Criusing Verbrauch pendelt zwischen 9,5 und 10,5 Liter. Ein nicht alltägliches Teil verbindet den Motor mit der Kardanwelle, nämlich das  4.Gang Getriebe aus dem Commodore C mit elektrischem Overdrive. Die serienmäßige 4. Gang-Erkennung kombiniert mit einem Mikroschalter ermöglicht bei Ziehen der Rückwärtsgangsperre die Aktivierung des Overdrives, dabei wird die Drehzahl bei 100 Stundenkilometer um ca. 700 Touren abgesenkt. Das Getriebe passt mit ein wenig Geschick und viel Geduld perfekt in den Getriebetunnel. Lediglich die Kardanwelle muss gekürzt werden und der Getriebehalter ist anzupassen. Eine längere Tachowelle ist Bedingung und mit Hilfe der selbst gebastelten Elektrik lässt sich der Overdrive einschalte.  Georgs Commodore ist ein Cruiser, kein Racer. In diesem Auto macht das Dahinschweben am meisten Spaß, doch  auch Autobahntempo 150 über längere Strecken ist für den „alten Sechser“ kein Problem.

Das Datenblatt von Georgs 71er Commodore täuscht darüber hinweg, dass es sich hier um einen ehemaligen 2500S handelt. Der S wurde ab August 1969 als 120 PS starkes Modell mit einem Register Fallstromvergaser angeboten. Das GS Coupé mit 130 PS besaß bereits 2 Zenith Fallstromvergaser und weitere technische Verbesserungen, die heute seinem 2500S zu Gute kommen.

Opel Commodore A Coupe (1971)

Motor: 2,5-Liter Reihensechszylinder, cih, 2 x Zenith 35/40 INAT-Register Vergaser (Commodore GS)

Auspuff: Commodore A GS-Anlage mit Doppelendrohr

Leistung: 130 PS (96 KW)

Kraftübertragung: 4 Gang mit elektrischem Overdrive (Commodore C)

Vorderachse: Serie – Einzelradaufhängung an Doppelquerlenkern, Zugstreben, Stabi

Hinterachse: Serie – Mehrlenkerachse (vier Längs- , ein Querlenker), Stabi

Federung(vo/hi): Schraubenfedern – Härte Federn vom Commodore GS

Dämpfung(vo/hi): vorn Sachs Sport Öldruck/Hinten Sachs Niveaulift Öldruck

Felgen: RTW Chrom Exclusiv (Rädertuning Anton Weidner) – vorn 7Jx15 ET 16 – hinten 8Jx15 ET 16

Bereifung (Herst./Größe): vorn 205/50R15 hinten 225/50R15

Bremsen: Scheiben/Trommeln (Serie Commodore GS)

Weitere Extras: Servolenkung, Niveauregulierung, Zusatzscheinwerfer, Heckscheibenantenne (Antenne in Scheibenheizung integriert), Vinyldach, Zusatzzierleisten (Aufpreispflichtig), Rückspiegel rechts, Scheibenwaschanlage elektrisch,

Interieur: Original Kunstlederausstattung, GS Zusatzinstrumente, Drehzahlmesser

Musik: mono, 1 Lautsprecher im Armaturenbrett, Radio Blaupunkt Frankfurt, Unterbaukassettendeck Blaupunkt ACR 600 (wird am Radio angeschlossen)

Text & Bilder: Heinz Bauriedel für Opel Flash 2/2006 unter dem Titel „Wünsch Dir was“ (Überschrift Ansgar Wilkendorf) – fotografiert am 27. August 2005 beim Opeltreffen in Hengersberg – reloaded für Tuningcars am 1. April 2021