Klaus Darkside ist dem  altgedienten AUTOTUNING-Leser der frühen 2000er kein Unbekannter. Bevor der F&F-Tsunami meine Youngtimer-Serie aus der AUTOTUNING hinausspülte, gaben seine nahezu serienmäßigen Beaus wie Alfasud Coupé (AT 10/2001) und Alfa Romeo Giulia (AT 3/2002) ihr Stelldichein. Aus der Printmagazine Sichtweite liegt dieser Montreal im Minenfeld. Einerseits wegen seiner Hardcore-Bereifung, die kein Oldtimermagazin anpacken würde, weil die Gotteslästerung in der Leserbrief-Abteilung nicht zu bewältigen wäre. Andererseits trägt der Montreal kein optionales Plastik oder gar Gfk-Kunstwerk an Front und Heck zur Show, das irgendwie für ein Tuningmagazin interessant sein könnte. Deshalb bleibt der Montreal über Jahre hinweg unveröffentlicht. Bis hier und jetzt.

Klaus stöbert den bezahlbaren Alfa durch Mundpropaganda in Regensburg auf. „The times they are a changing“ singt einst Altmeister Robert Zimmermann und beim Anblick dieser wunderbaren Karosserie muss man gestehen, dass Design späterer Modelle mit dem rassigen Coupé kaum mithalten kann.

Verharren wir beim Anblick der Karosserie. Es ist ein Meisterwerk von Marcello Gandini (Chefdesigner bei Bertone) mit einem langen Vorderbau und relativ kurzem Heck, das von einer breiten B-Säule angekündigt wird. Der Montreal übernimmt die seitlichen Lüftungsschlitze von der für einen Mittelmotor vorgesehenen Designstudie. Das Konzept Mittelmotor stirbt, das Layout mit den spektakulären Lufteinlässen überlebt. Blick dem Montreal in die Augen. Wenn Tuningmagazine heutzutage von einem „bösen Blick“ sprechen, meint man die aus Gfk oder Blech angesetzten Motorhaubenverlängerungen.

Der Montreal wirft den wollüstigen Blick eines geilen Italieners in die Rückspiegel sämtlicher Fiat Fahrerinnen, die er am liebsten im Handstreich erobern möchte. Natürlich nimmt das Vieraugen-Gesicht den Scudetto in seine Mitte. Eine Montreal Karosserie zu verbasteln, käme einer Sünde gleich. Dass Klaus die Blinkergläser gegen deren in Weiß getauscht hat, geschah im Sinn einer besseren Optik. Wirklich auffällig ist das Räderwerk nach dem Motto: Italienische Räder für einen Italienischen Exoten.

In Zusammenarbeit mit Jürgen Döbereiner (TEV), der wahrlich keine Herausforderung scheut, wurden einst auf einem Mercedes montierte 9×17 und 10×17 Zoll Cromodora umgebaut und mittels Adaption dem Alfa montiert. „10×17 Zoll am Hinterhuf ist eigentlich zu fett“, meinte Klaus vor der Fotosession. Wie? Warum? Die optische Performance seines Alfas begeistert mich. Die Findung des passenden Zollvereins wurde zu einer langwierigen Aktion. Die 17 Zoll Cromodora Räder im 5×112 Lochkreis passen zwar einer Mercedes C-Klasse, doch der Alfa besitzt Lochkreis 4×108, was sich eben nur mit Adaption überwinden lässt. Die 35mm starken Lochkreisadapter machten wiederum einen Umbau der Cromodora Innen- und Außenbetten notwendig. Der nahezu bündige Abschluss der 215/45 und 235/40er Bereifung lässt den Alfa brechend satt auf der Asphaltdecke stehen, zudem auch das Fahrwerk modifiziert ist. Schwachstelle des Montreals ist sein von der Giulia abgeleitetes Fahrwerk, zwar mit verstärkter Hinterachse, dennoch der Leistung des V8 nicht gerecht werdend. Bereits der Vorbesitzer ließ auf Eibach Federn und Bilstein Dämpfer umrüsten, was Klaus beim Kauf mit Freuden registrierte, da dieses Fahrwerk wenn überhaupt, für viel Kohle nur noch auf dem Teilemarkt erhältlich ist

Die Macht des V8 lässt einen Zweifel darüber aufkommen, dass sowohl der Fahrer, als auch der Tankwart ihren Spaß mit dem knapp 2,6 Liter großen und 200 Pferde starken Achtzylinders haben. Bei fast 20 Liter Verbrauch auf 100 Kilometer was es nicht verwunderlich, dass spätestens nach der zweiten Ölkrise der Verkauf gen Null zurückging. Dem Klaus ist das egal. Die paar Fahrtenbuch-Kilometerchen im Jahr machen ihn nicht arm. Dafür bereichern sie Auge und Ohr, wo auch immer der Montreal auftaucht.

Alfa Romeo Montreal Baujahr 1972

MOTOR:  2593 ccm V8, DOHC, mechanische Spica Injektion,

RÄDER: 3-teilige Cromodora Außen/Innenbetten umgebaut, 35mm Lochkreisadapter (5×112 Mercedes auf  4×108 Alfa Lochkreis),  9×17 Zoll 215/45-15, 10×17 Zoll 235/40-15

FAHRWERK: Eibach Federn, Bilstein Dämpfer

AUSPUFF: Ansa 4-Rohr Sportauspuffanlage

EXTERIEUR: Karosserie original außer weiße Blinkergläser, INTERIEUR: Serie

Geschichte des Alfa Montreal: http://www.alfaclub.de/Register/Montreal%20Register/Story.htm

Text & Bilder Michael Kolb am 10. Juni 2007 für Tuningcars.org, 29. März 2021

Nachtrag: Das Auto wurde von Klaus auf Originalräder umgerüstet und bereits vor Jahren verkauft. Aktueller Standort ist mir unbekannt