Kustom just for fun: Chevrolet Caprice Station Wagon. Langsam aber stetig schiebt sich ein rostbraunes Monster an die Startlinie zur Achtelmeile. Mit Wahnsinns-Getöse wuchten sich 2,2 Tonnen Lebendgewicht nach knapp 11 Sekunden über die Ziellinie. Die „kleine Meile“ ist nur eine Spielwiese von André Hegenbergers Chevrolet Caprice Station Wagon, dem Protagonisten der Stoker´s Kustom Hot Rod Garage.

Hauptsache: Spaß! Ob im Wettbewerb, bei Autotreffen oder einfach nur im Alltagsverkehr. Der im Serienzustand gekaufte Chevrolet lief in Berlin, bevor André ihn zu einem angemessenen Preis nach Plauen entführte. „Normal hat doch jeder“ lautet die Meinung des selbstständigen Dienstleisters rund um Holzbau, dem Blecharbeiten wahrlich nicht fremd sind.

Nachdem das Konzept in den Köpfen von ihm und seinem Kumpel Thomas gereift war, demontierten beide „Stokers“ Türen, Kotflügel und die Chromfront mit den Rechteckscheinwerfern. „Wir hatten noch Einzelteile eines geschlachteten 71er C10 Pickup herumliegen“, erinnert sich André. Optisch ist die neue Frontpartie C10 pur, garniert mit zufälligerweise passgenauen Scheinwerfern des Golf I, deren Halterungen relativ einfach dem Chevy integriert werden können.

Das um ungefähr 10 cm verlängerte.Windleitblech gleicht den Längenunterschied aus. An den Wülsten der Türen erkennt man, dass sich der Breitenunterschied von Kombi zu Pickup so einfach nicht wegoperieren ließ. Ein Chevy G20 Van ist sogar satte 20 cm breiter als der Caprice Station Wagon. Die um dieses Maß gekürzte und zugeschnittene G20-Sonnenschute verschraubte André am Dach und der Spitzer der A-Säule. Apropos Dach. Der Gepäckträger auch Stahlprofilen entsprang sozusagen aus eigener Hand.

 Warum vier Türen? Warum hintere Seitenfenster? Nach Ausräumen brennbarer Innenverkleidung und Gummidichtungen sprach das Schweißgerät ein ernsthaftes Wort. Blech anstatt Glas, Zinn anstatt Spaltmaße, die Seitenansicht wirkt nun wie aus einem Guss geformt.  Freilich hatte auch am Heck Chrom nichts mehr verloren. Den unteren Abschluss bildete ein Rollpan mit Durchlass für doppelseitige Endrohre. Die schmalen Heckleuchten des 64er Chevy C10 Pickup  erweisen sich als optimales Leuchtwerk. Vom C10 stammt auch der aufgesetzte Schriftzug. Für André hätte eine Flip-Flop-Show & Shine Lackierung keinen Sinn ergeben. Auf den angeschliffenen dunkelblauen Originallack trug er eine abgemischte Rostschutzlackierung mit Reklame-Schriftzug für seine Stoker`s Kustom Garage auf.

Im Motorraum arbeitet der „übliche Verdächtige“, der 5,7 Liter V8-Smallblock. Allerdings besitzt der anstatt dem schwächlichen V6-Zylinder  nachträglich eingebaute Achtzylinder dank Übermaßkolben und einer erhöhten Verdichtung stärkere Performance als serienübliches Triebwerk. Wo die Luft einströmt, sorgen Edelbrock Spinne und Vergaser für mächtigen Wumms. An den Block schließen sich ein Hooker Fächerkrümmer und eine Eigenbau-Auspuffanlage mit einem zentralen Topf an. Die links-rechts-Endrohre entlassen die Abgase nicht ohne akustische Zugaben, so wie man sie bei US Cars an liebsten hört.

Selbstverständlich wurden Getriebe und Scheibenbremsen der auf ungefähr 330 PS gestiegenen Leistung angepasst. Und eine gesperrte Hinterachse zähmt das in alle Richtung ausbrechen wollende Heck. Auch das Fahrwerk gibt sich standesgemäß mit einer Tieferlegung von 100mm. den Tiefgang ermöglichen die in den USA ersteigerten Caprice-Felgen, die mit in Deutschland erhältlichen Koni-Dämpfer kombiniert wurden. „Es müssten verchromte Cracker-Stahlfelgen gewesen sein“ meint André, der das Felgenangebot annahm. Die Kombination aus 8×15 mit General Grapper HP in 235/60 und 10×15 mit General XP2000 275/60 sind zumindest optisch das perfekte Maß für den Kustom-Chevy

Keine Seitenschieben, keine hintere Sitzreihe: Kfz-Steuertechnisch zählt der Caprice als LKW, weil der komplette Heckraum des Dreisitzers als Laderaum zur Verfügung steht. Mit den aus der Rückwand der Fahrerkabine herausgeschnitten Türinnenschalen eines Mercedes Actros befindet sich sogar ein bisschen „echter LKW“ an Bord.. Das einem frühen 60er Chevrolet Impala gehörende Lenkrad zählt hingegen zur OEM-Sparte des GM Konzerns. Durchgreifende Modifikationen sind nicht mehr vorgesehen. Eigentlich geht es nur noch ums erhalten des Kustom Caprice. Und natürlich um den Spaß.

Titelfoto: Am Start der Custom & Drag Show (Customizers East) in Helmbrechts 2. Juli 2011

1979er Chevrolet Caprice Station Wagon Kustom

Motor:: V8 5,7 Liter Smallblock, Übermaßkolben, Verdichtung 10:1, Edelbock Spinne und Vergaser, Hooker Fächerkrümmer, Eigenbauauspuff mit Mittelschalldämpfer

Kraftübertragung: verstärktes 350 TH Getriebe

Vorderachse: Einzelradaufhängung mit gekürzten Caprice Federn, Koni Dämpfer (10 cm tiefer)

Hinterachse: Starrachse, gesperrt, gekürzte Caprice Federn, Koni Dämpfer (10 cm tiefer)

Bremsen: Scheibenbremsen

Räder: umlackierte Cracker Stahlfelgen, 8×15 (v), 10×15 (h)

Reifen: General Grapper HP 235/60×15, General XP2000 275/60 x15

Innenraum: 3-Sitzer, 60er Impala Lenkrad, Türwände Mercedes Actros, Pilot Drehzahlmesser mit Shift Light, Zusatzinstrumente

Sonstiges: Frontumbau 71er Chevrolet C10 Pickup, Golf 1 Scheinwerfer, Windleitblech um 10 cm verlängert, gekürzte Chevy Van G20 Schute, Vordertüren angeglichen, Hintertüren und Fenster verschweißt, 64er Chevy C10 Rückleuchten und Schriftzug, Rollpan mit Durchlass für Endrohre, Alu-Tankdeckel Zubehör, Dachgepäckträger Eigenbau, abgemischte Rostschutzlackierung mit Eigenwerbung und Dave´s Pinstribes

Text & Fotos: Michael Kolb  für Chrom & Flammen 1/2014 – reloaded für Tuningcars am 24. März 2021