Ein US-Australier in Deutschland  – 91er Ford Mercury Capri.

Die artgerechte Haltung eines Exoten ist so einfach nicht. Reinhold kann stundenlang über seinen US-Australischen Roadster referieren. Trotz aller Probleme bereitet das Capri Cabrio verdammt viel Spaß beim Crusen, wobei der Vergnügungsfaktor vom Rätselraten der Passanten gesteigert wird.

Dieser Mercury Roadster ist ein Kind aus der australischen Ehe von Ford und Mazda. Mercury war eine Marke von Ford, die auf Betreiben von Edsel Ford gegründet wurde und sich im mittleren Segment tummelte. Das führende „M“ verwendete Ford in der Mittelklasse und bei den so genannten „Full Size Cars“, beispielsweise bei Montclair, Monarch, Marquis, Monterey, Marauder, Mountaineer und Mercury: Das nach der italienischen Insel „Capri“ benannte Cabrio hat mit dem uns bekannten Ponycar nur den Namen gemeinsam. Technik und Mechanik stammen größtenteils von Mazda Australien.

Stell dir vor, du suchst einen „deutschen Capri“ und landest plötzlich im „falschen Film“. So ähnlich erging es Reinhold, der aus purer Neugier bei diesem Cabrio hängen blieb. Der im Internet angebotene Linkslenker wurde in den USA erstzugelassen, doch anschließend verliert sich seine Spur im Nirwana. Reinhold kaufte das von einem Importeur in Osnabrück angebotene Fahrzeug und brachte  praktisch alle Schikanen einer Zulassung in Deutschland hinter sich.

Die Schwerpunkte liegen wegen fehlender EU Prüfzeichen an der Beleuchtung, der fehlenden Nebelschlussleuchte und mangelhaften Sicherheitsgurten. Einige Punkte ließen sich glücklicherweise mit Ausnahmegenehmigungen umgehen. Die schlampige Verarbeitung entspricht nicht dem uns bekannten Qualitätsanspruch. Vor allem die Bordelektrik hatte ihre Mucken, was durch den nieder gerittenen und mit Unfallschaden vorbehafteten Zustand des Cabrios verstärkt wurde. Wer nun davon ausgeht, dass die „Ersatzteilfindungskommission“ beim einheimischen Mazda oder Ford Händler Erfolg haben könnte, der irrt. Weltweit gesehen ist Ford nicht gleich Ford und Mazda  eben nicht gleich Mazda, wenn auch der Motor ein „alter Bekannter“ ist.

Mazda Kenner werden   beim Anblick von Motorraum und Innenraum heftig mit dem Kopf nicken. Der 1,6 Liter 1598 ccm große Vierzylinder ist beispielsweise von den MX-Serien und 323F her bekannt. Im Mercury Capri Cabrio (Bauzeit in Australien 1989-94) wurde er als 101 PS starker Sauger Automatic, sowie in der 131 PS Turbo-Version mit 5-Gang Schalter angeboten. Ford-Händler Auto Eder aus Rosenheim, importierte beide Versionen, verrät uns Reinhold. Sein Modell ist ein Viergang-Automatic mit elektronischem Overdrive.

Nach dem ein befreundeter Mechaniker die Basis geschweißt hatte, stand der beschädigte Bodykit im Visier der Überarbeitung. Reinhold ist begeisterter Hobbykapitän und Bootsbastler, tauschte die komplette Verschraubung gegen die aus Edelstahl und montierte Chromleisten um die Radläufe. Das ursprüngliche Dach bezog ein Sattler auf originalem Gestell mit Kunstleder.  Bereits der Erstbesitzer orderte 15 Zoll Felgen, den Heckspoiler sowie den Razzi Bodykit aus dem US- Ford-Zubehörprogramm. Keine Breitreifen, keine Tieferlegung, keine sonstigen Anbauten. Reinholds Bestreben ist die Erhaltung des Originalzustands mit dezenten Modifikationen.

Die selbst gebaute Mittelkonsole aus Teakholz zählen ebenso zu den kleinen Abweichungen wie die Recaro-Sitze, deren Notwendigkeit auf Grund des durchgesessenen, rückenfeindlichen Originalgestühls gegeben war. Schalter und Hebel des Mazda Cockpits finden beim einheimischen Händler leider keine Gleichteile, weshalb Reinhold einen zerlegten Mercury Capri vorrätig hält. In Europa nicht erhältliche Ersatzteile holt er sich aus den Staaten bei „Mid-County Classic Capri/Mustang Parts“. Der Fehlerteufel des Exoten liegt nämlich im Detail. Ständige Undichtigkeiten am Getriebe und Gelenkwellen, Motor Überhitzung im Stau, da das Kühlsystem unzureichend ausgelegt wurde und Elektrikausfälle wegen korrodierter Lampenfassungen. Zudem liebt der fränkische Marder australische Kühlschläuche

Gründungsmitglied Reinhold gehört heute als Fördermitglied zum Mercury Capri Club Deutschland 07 e.V. ( MCCD 07 e.V). Das Auto hat längst nicht den Endzustand erreicht, weil es einfach mehr Aufmerksamkeit als ein Europäer benötigt. Letztendlich ist und bleibt es doch eine Ewige Baustelle    

Ford Mercury Capri Roadster (1991)

MOTOR: 1598ccm, Vierzylinder Reihenmotor, DOHC, (Mazda MX, 323F -Serie ), Multiport Einspritzung, 74 kW (101 PS)

AUSPUFF: Serie

GETRIEBE: 4-Stufen Automatic Getriebe mit elektrischem Overdrive

FAHRWERK: Va: : Einzelradaufhängung , McPherson Federbeine, Stabilisator, ha: Einzelradaufhängung, McPherson Federbeine, Stabilisator

BREMSEN: Scheiben/ Scheiben

RÄDER: Cragar Ford Felgen US-Zubehör 6,5×15 ET42, Dunlop 195/50R15

KAROSSERIE: US Razzi-BodyKit (Front, Heckschürze, Seitenschweller), Stoffdach auf altem Gestell nachgefertigt Fern- und Nebellampen (späte 80er)

INTERIEUR: Recaro Sitze, Mittelkonsole Eigenbau aus Teakholz, elektrische Fensterheber, Spiegel, Airbag Fahrerseite, Klima, umklappbare Rücksitze zum Durchladen,

fotografiert am 17. Juli 2011 beim Oldtimertreffen in Heiligenstadt/BA. Bisher unveröffentlicht auf Grund des unerwartet schnellen Todes des Magazins Ford Scene Drive